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Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14.

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Thomas Babington Macaulay
Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. / Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14

Dreizehntes Kapitel.
Wilhelm und Marie

Die Revolution in Schottland heftiger als in England

Die Heftigkeit der Revolutionen steht gewöhnlich im Verhältnis mit der Schwere der Regierungssünden, welche sie herbeigeführt haben. Es kann daher nicht Wunder nehmen, daß die Regierung von Schottland, welche seit vielen Jahren despotischer und verderbter gewesen war als die von England, mit einem weit heftigeren Sturze fiel. In England war die Bewegung gegen den letzten König des Hauses Stuart conservativ, in Schottland war sie destructiv. Die Engländer beschwerten sich nicht über das Gesetz, sondern über die Verletzung des Gesetzes; sie erhoben sich gegen den ersten Beamten des Staats lediglich, um die Suprematie des Gesetzes zur Geltung zu bringen, und sie waren zum größten Theil treue Anhänger der durch das Gesetz eingeführten Landeskirche. Selbst bei Anwendung des außergewöhnlichen Heilmittels, zu welchem sie durch eine außergewöhnliche Lage zu greifen gezwungen worden waren, wichen sie so wenig als möglich von den durch das Gesetz vorgeschriebenen ordentlichen Formen ab. Die zu Westminster tagende Convention war, obwohl durch unregelmäßige Ausschreiben einberufen, genau nach dem Muster eines regelmäßigen Parlaments constituirt. Niemand wurde aufgefordert, einen Platz im Oberhause einzunehmen, dessen Berechtigung, darin zu sitzen, nicht klar war. Die Abgeordneten der Grafschaften und Burgflecken wurden durch die nämlichen Wähler gewählt, welche berechtigt gewesen sein würden, die Mitglieder für ein unter dem großen Siegel einberufenes Haus der Gemeinen zu wählen. Die Wahlrechtstitel des Vierzigschilling-Freisassen, des Steuern zahlenden Angesessenen, des Pächters, des Wahlbürgers von London, des Magisters der freien Kräfte in Oxford wurden respectirt. Die Gesinnung der Wahlkörper wurde mit eben so wenig Zwang von Seiten des großen Haufens und mit eben so wenig Arglist von Seiten der Wahlbeamten ausgeforscht, wie bei irgend einer allgemeinen Wahl der damaligen Zeit. Als endlich die Stände zusammentraten, fanden ihre Verhandlungen in vollkommener Freiheit und genau nach den althergebrachten Formen statt. Nach Jakob’s erster Flucht herrschte allerdings in London und in einigen Theilen des platten Landes eine beunruhigende Anarchie. Aber diese Anarchie dauerte nirgends länger als achtundvierzig Stunden. Von dem Tage, an welchem Wilhelm im St. Jamespalast ankam, hatten selbst die unpopulärsten Agenten der gestürzten Regierung, selbst die Diener der römisch-katholischen Kirche, von der Wuth des Pöbels nichts mehr zu fürchten.

In Schottland war der Gang der Ereignisse ganz anders. Dort war das Gesetz selbst ein Gegenstand der Beschwerde und Jakob hatte sich durch ausdrückliche Anwendung desselben vielleicht mehr Unpopularität zugezogen als durch Verletzung desselben. Die gesetzlich eingeführte Landeskirche war die verhaßteste Institution des ganzen Reichs. Die Tribunale hatten einige so empörende Urtheilssprüche gefällt und das Parlament einige so bedrückende Verordnungen erlassen, daß, wenn diese Urtheilssprüche und diese Verordnungen nicht für ungültig erklärt wurden, nicht daran zu denken war, eine Convention zusammenzubringen, welche sich die öffentliche Achtung erzwang und der Ausdruck der öffentlichen Meinung war. Es stand zum Beispiel kaum zu erwarten, daß die Whigs in dieser Zeit ihrer Macht es sich ruhig gefallen lassen würden, ihr erbliches Oberhaupt, den Sohn eines Märtyrers und Enkel eines Märtyrers, von dem Parlamentshause, in welchem neun seiner Vorfahren als Earls von Argyle gesessen hatten, ausgeschlossen zu sehen, ausgeschlossen durch ein richterliches Erkenntniß, über welches das ganze Königreich empört war. Noch weniger ließ sich erwarten, daß sie die Wahl der Vertreter von Grafschaften und Städten den Vorschriften des bestehenden Gesetzes gemäß vornehmen lassen würden. Denn nach dem bestehenden Gesetz konnte kein Wähler seine Stimme abgeben, ohne geschworen zu haben, daß er sich von dem Covenant lossage und in kirchlichen Angelegenheiten das Supremat des Königs anerkenne.1 Einen solchen Eid aber konnte kein strenger Presbyterianer leisten, und wenn derselbe verlangt worden wäre, so würden die Wahlkörper nichts als kleine Gesellschaften von Prälatisten gewesen sein, die Sorge für Sicherheitsmaßregeln gegen Bedrückung wäre den Bedrückern überlassen geblieben, und die große Partei, die an der Durchführung der Revolution den thätigsten Antheil genommen, würde in einer aus der Revolution hervorgegangenen Versammlung nicht einen einzigen Vertreter gehabt haben.2

Wilhelm sah ein, daß er nicht daran denken durfte, den Gesetzen Schottland’s die strenge Achtung zu Theil werden zu lassen, die er kluger- und rechtschaffnerweise den Gesetzen England’s erwiesen hatte. Es war durchaus notwendig, daß er Kraft seiner eignen Autorität bestimmte, wie die Convention, welche in Edinburg zusammentreten sollte, zu wählen sein würde, und daß er sich selbst die Befugniß ertheilte, einige Erkenntnisse und einige Gesetze zu annulliren. In Folge dessen entbot er mehrere Lords in das Parlament, die durch Urtheilssprüche, welche die allgemeine Stimme laut als ungerecht verdammte, ihrer Ehrenstellen beraubt worden waren, und nahm es auf sich, die Verordnung zu ignoriren, welche den Presbyterianern das Wahlrecht entzog.

Wahlen für die Convention

Die Folge davon war, daß die Wahl fast aller Grafschafts- und Burgfleckenvertreter auf Whigcandidaten fiel. Die geschlagene Partei beklagte sich laut über unehrliches Spiel, über die Rohheit des Pöbels und über die Parteilichkeit der präsidirenden Magistratspersonen, und diese Klagen waren in vielen Fällen wohlbegründet. Unter Regenten wie Lauderdale und Dundee lernen die Nationen nicht Gerechtigkeit und Mäßigung.3

Mißhandlung des Episkopalklerus

Das so lange und so streng niedergehaltene Volksgefühl brach übrigens nicht bei den Wahlen allein mit Heftigkeit hervor. Die Köpfe und Hände der Whigmärtyrer wurden von den Thoren Edinburg’s herabgenommen, von zahlreichen Volkshaufen in Procession nach den Gottesäckern getragen und mit feierlicher Ehrfurcht zur Erde bestattet.4 Es hätte noch sein mögen, wenn die öffentliche Begeisterung sich in keiner tadelnswertheren Form geäußert hätte. Leider aber wurde in einem großen Theile Schottland’s der Klerus der Landeskirche gemißhandelt.5 Der Beginn dieses Unwesens war auf den Christmorgen festgesetzt, denn nichts ärgerte die strengen Covenanters mehr als die Ehrfurcht, mit der der Prälatist die alten Feiertage der Kirche heiligte. Daß diese Ehrfurcht bis zum Lächerlichen übertrieben werden kann, ist allerdings wahr. Ein Philosoph wird sich vielleicht zu der Ansicht hinneigen, daß das entgegengesetzte Extrem nicht minder lächerlich sei und wird fragen, warum die Religion den Beistand von Glaubensgesellschaften zurückweisen soll, die es in jeder Nation giebt, welche civilisirt genug ist, um eine Zeitrechnung zu haben, und von denen die Erfahrung gezeigt hat, daß sie eine gewaltige und oft heilsame Wirkung ausüben. Der Puritaner, der im im allgemeinen nur zu bereit war, Präcedenzfällen und Analogien aus der Geschichte und Rechtswissenschaft der Juden zu folgen, würde im Alten Testament ganz eben so triftige Argumente für das Abhalten von Festtagen zu Ehren großer Ereignisse, wie für die Ermordung von Bischöfen und für die Verweigerung des Pardons gegen Gefangene gefunden haben. Von seinem Meister Calvin lernte er gewiß nicht, solche Festtage verabscheuen, denn in Folge der energischen Bemühungen Calvin’s wurde das Weihnachtsfest nach einer mehrjährigen Pause von den Bürgern von Genf wieder gefeiert.6 Allein in Schottland waren Calvinisten ans Licht getreten, die sich zu Calvin verhielten, wie Calvin zu Laud. Diesen starren Fanatikern war ein Feiertag ein Gegenstand des positiven Abscheus und Hasses. Sie fuhren noch lange fort, in ihren feierlichen Manifesten es zu den Sünden zu zählen, welche dereinst ein furchtbares Strafgericht über das Land bringen würden, daß der Court of Session in der letzten Decemberwoche Ferien mache.7

Am Weihnachtstage versammelten sich daher die Covenanters auf Verabredung bewaffnet auf verschiedenen Punkten der westlichen Grafschaften. Jede einzelne Schaar zog dann nach dem nächsten Pfarrhause und plünderte den Keller und die Vorrathskammer des Geistlichen, welche zu dieser Zeit des Jahres wahrscheinlich besser gefüllt waren als sonst. Der Priester Baal’s wurde geschmäht und insultirt, zuweilen geschlagen, andere Male unter Wasser getaucht. Seine Möbeln wurden aus dem Fenster geworfen, seine Frau und seine Kinder aus dem Hause in den Schnee getrieben. Dann wurde er auf den Marktplatz geführt und eine Zeit lang zur Schau ausgestellt, wie ein Missethäter. Sein Priestergewand wurde ihm auf dem Leibe in Stücken zerrissen; hatte er ein Gebetbuch bei sich, so wurde es verbrannt, und endlich entließ man ihn mit der Weisung, nie wieder in dem Kirchspiele zu fungiren, wenn ihm sein Leben lieb sei. Nach solchergestalt vollbrachtem Reformationswerke verschlossen die Reformatoren die Kirche und nahmen die Schlüssel mit sich. Um diesen Leuten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muß man bekennen, daß sie in einem Grade unterdrückt worden waren, der ihre Gewaltthätigkeit zwar nicht rechtfertigen, aber wenigstens entschuldigen kann, und daß sie, obgleich roh bis zur Brutalität, sich doch nie eines absichtlichen Verbrechens gegen Leib oder Leben ihrer Feinde schuldig machten.8

Die Unordnung verbreitete sich rasch. In Ayrshire, Clydesdale, Nithisdale und Annandale erhielt jedes Kirchspiel einen Besuch von diesen ungestümen Zeloten. Ungefähr zweihundert Curaten – so nannte man die bischöflichen Pfarrgeistlichen – wurden vertrieben. Die gesetzteren Covenanters billigten zwar den Eifer ihrer aufrührerischen Brüder, fürchteten aber, daß ein so ordnungswidriges Verfahren Aergerniß geben könnte, und erfuhren zu ihrem großen Leidwesen, daß hier und da ein Achan die gute Sache geschändet, indem er sich erniedrigt hatte, die Cananiter, die er nur hatte schlagen sollen, auszuplündern. Es wurde ein allgemeines Meeting von Geistlichen und Aeltesten ausgeschrieben, um solchen Excessen vorzubeugen. In diesem Meeting wurde beschlossen, daß in Zukunft die Vertreibung der protestantischen Geistlichen in ceremoniöserer Weise stattfinden sollte. Es wurde ein Benachrichtigungsformular aufgesetzt und jedem Curaten in den westlichen Niederlanden zugesandt, der noch nicht gemißhandelt (rabbled) worden war. Diese Benachrichtigung war nichts Andres als ein Drohbrief, der ihm befahl, sein Kirchspiel gutwillig zu verlassen, widrigenfalls er mit Gewalt aus demselben vertrieben werden würde.9

Die schottischen Bischöfe sendeten in großer Angst den Dechant von Glasgow nach Westminster, um dort die Sache ihrer verfolgten Kirche zu führen. Die von den Covenanters verübten Gewaltthätigkeiten erregten in hohem Grade den Unwillen Wilhelm’s, der im Süden der Insel selbst Benedictiner und Franciscaner gegen Insulten und Beraubungen geschützt hatte. Obgleich er aber auf Ersuchen einer großen Anzahl schottischer Cavaliere und Gentlemen die ausübende Verwaltung dieses Königreichs übernommen hatte, so standen ihm doch die Mittel nicht zu Gebote, die Ordnung daselbst aufrecht zu erhalten. Er hatte nicht ein einziges Regiment nördlich vom Tweed, ja überhaupt keine Truppen innerhalb vieler Meilen von diesem Flusse. Es wäre vergebens gewesen zu hoffen, daß bloße Worte eine Nation beruhigen würden, welche zu keiner Zeit leicht im Zaume zu halten gewesen und die jetzt von Hoffnungen und Rachegelüsten erfüllt war, wie große Revolutionen, welche auf heftige Bedrückungen folgen, sie ganz natürlich erzeugen müssen. Es wurde indessen eine Proklamation erlassen, welche anordnete, daß Jedermann die Waffen niederlegen und daß den Geistlichen der Staatskirche gestattet sein solle, unbehelligt auf ihren Pfarren zu bleiben, bis die Convention die Regierung festgestellt haben würde. Da aber diese Proklamation nicht durch Truppen unterstützt war, so wurde sie wenig beachtet. Den ersten Tag nach ihrem Erscheinen in Glasgow wurde die ehrwürdige Kathedrale dieser Stadt, fast die einzige schöne Kirche aus dem Mittelalter, welche in Schottland sich unversehrt erhalten hat, von einem Haufen Presbyterianer aus den Versammlungshäusern angegriffen, dem sich auch viele wildere Glaubensbrüder aus den Hochlanden angeschlossen hatten. Es war Sonntag; aber eine Versammlung von Prälatisten zu mißhandeln wurde als ein Werk der Nothwendigkeit und der Gnade betrachtet. Die Andächtigen wurden auseinandergetrieben, geschlagen und mit Schneebällen geworfen; ja es wurde sogar versichert, daß einige Verwundungen durch gefährlichere Waffen vorgekommen seien.10

Zustand von Edinburg

In Edinburg, dem Sitze der Regierung, war vollkommene Anarchie. Das Schloß, welches die ganze Stadt beherrschte, wurde durch den Herzog von Gordon noch immer für Jakob behauptet. Die große Masse des Volks bestand aus Whigs. Das Justizcollegium, ein großer juristischer Verein, zusammengesetzt aus Richtern, Advokaten, Kanzleisekretären und Anwälten, war die Veste des Toryismus, denn ein strenger Testeid hatte seit einigen Jahren die Presbyterianer von allen Zweigen des Juristenberufs ausgeschlossen. Die Juristen, einige hundert an Zahl, bildeten ein Infanteriebataillon und hielten eine Zeitlang die Menge wirksam nieder. Sie hatten jedoch soviel Achtung vor Wilhelm’s Autorität, daß sie sich beim Erscheinen seiner Proklamation auflösten. Aber das von ihnen gegebene Beispiel des Gehorsams fand keine Nachahmung. Kaum hatten sie die Waffen niedergelegt, so fanden sich Covenanters aus dem Westen, welche alle Curaten in ihrer Gegend weidlich maltraitirt hatten, in Haufen von zehn bis zwanzig Mann in Edinburg ein, um die Convention zu beschützen oder auch, wenn es nöthig sein sollte, einzuschüchtern. Glasgow allein schickte vierhundert solcher Leute. Es konnte kaum einem Zweifel unterliegen, daß sie von einem hochangesehenen Führer geleitet wurden. Sie zeigten sich wenig öffentlich, aber es war bekannt, daß jeder Keller mit ihnen angefüllt war und es stand wohl zu befürchten, daß sie auf das erste Signal aus ihren Höhlen hervorkommen und bewaffnet das Parlament umgeben würden.11

Die Frage einer Union zwischen England und Schottland in Anregung gebracht

Man hätte erwarten sollen, daß jeder patriotische und einsichtsvolle Schotte sehnlichst wünschen werde, die Aufregung beschwichtigt und eine Regierung befestigt zu sehen, die im Stande war, das Eigenthum zu schützen und dem Gesetze Ansehen zu verschaffen. Eine unvollkommene Organisation, welche rasch zu bewerkstelligen war, konnte in den Augen eines solchen Mannes wohl einer vollkommenen Organisation vorzuziehen sein, welche nur mit der Zeit möglich war. Gerade in diesem Augenblicke jedoch warf eine an Zahl wie an Befähigung starke Partei eine neue und hochwichtige Frage auf, welche nicht unwahrscheinlich das Interregnum bis zum Herbste hinziehen mußte. Diese Partei verlangte, daß die Stände Wilhelm und Marien nicht sogleich zum König und zur Königin erklären, sondern England einen Unionstractat vorschlagen und den Thron so lange vacant lassen sollten, bis ein solcher Vertrag unter vortheilhaften Bedingungen für Schottland abgeschlossen sein würde.12

Es mag auffallend erscheinen, daß ein großer Theil eines Volks, dessen oft in heroischer, zuweilen auch in komischer Gestalt sich äußernder Patriotismus sprüchwortlich geworden ist, sich so geneigt, ja sogar ungeduldig zeigte, eine Unabhängigkeit aufzugeben, welche Jahrhunderte lang über Alles hoch gehalten und mannhaft vertheidigt worden war. Allein der hartnäckige Muth, den die Waffen der Plantagenets und der Tudors nicht zu brechen vermocht, hatte angefangen, sich unter einer ganz andren Gewalt zu beugen. Zollhäuser und Tarife bewirkten bald was das Blutbad von Falkirk und Halidon, von Flodden und Pinkie nicht hatten bewirken können. Schottland hatte einige Erfahrung in den Folgen einer Union. Es war vor beinahe vierzig Jahren mit England unter Bedingungen vereinigt gewesen, welche das von Siegesstolz aufgeblähte England zu dictiren beliebte. Diese Union war in den Gemüthern des besiegten Volks mit den Begriffen Niederlage und Demüthigung untrennbar verbunden. Und doch hatte selbst diese Union, so schmerzlich sie auch den Stolz der Schotten verwundet, ihren Aufschwung gefördert. Cromwell hatte mit einer zu seiner Zeit seltenen Einsicht und Liberalität die vollkommenste Handelsfreiheit zwischen dem dominirenden und dem untergebenen Lande hergestellt. So lange er regierte, hemmte kein Verbot, kein Zoll den Waarenverkehr zwischen irgend welchen Punkten der Insel. Seine Schifffahrtsgesetze legten dem Handel Schottland’s keine Beschränkungen auf. Es stand einem schottischen Fahrzeuge frei, eine schottische Waarenladung nach Barbadoes zu bringen und Zucker von Barbadoes in den Hafen von London einzuführen.13 Deshalb war die Regentschaft des Protectors der Industrie und dem physischen Wohle des schottischen Volks förderlich gewesen. Obwohl es ihn haßte und verwünschte, gedieh es doch unwillkürlich unter ihm, und noch oft blickte es während der Verwaltung seiner legitimen Fürsten mit Sehnsucht zurück auf die goldenen Tage des Usurpators.14

Die Restauration kam und veränderte Alles. Die Schotten erlangten ihre Unabhängigkeit wieder und überzeugten sich bald, daß die Unabhängigkeit ebensowohl ihre Unannehmlichkeiten hat wie ihre Würde. Das englische Parlament behandelte sie als Fremdlinge und Nebenbuhler. Eine neue Navigationsacte stellte sie auf fast gleiche Stufe mit den Holländern. Hohe und in einigen Fällen prohibitive Zölle wurden auf die Erzeugnisse der schottischen Industrie gelegt. Es ist kein Wunder, daß eine ausnehmend betriebsame, kluge und unternehmende Nation, eine Nation, die, nachdem sie lange durch einen unfruchtbaren Boden und durch ein rauhes Klima in ihrer Entwickelung gehemmt worden war, eben jetzt trotz dieser Nachtheile zu prosperiren begann und die ihren Fortschritt plötzlich aufgehalten sah, sich für grausam behandelt erachtete. Doch es war nichts zu machen. Beschwerden waren vergebens und Repressalien unmöglich. Hätte der Souverain auch den Wunsch gehabt, so hatte er doch nicht die Macht, eine unparteiische Stellung zwischen seinem großen und seinem kleinen Königreiche zu behaupten, zwischen dem Königreiche, aus dem er ein Jahreseinkommen von anderthalb Millionen, und dem Königreiche, aus dem er ein Jahreseinkommen von wenig mehr als sechzigtausend Pfund bezog. Er wagte es eben so wenig, einem den Handel Schottland’s beeinträchtigenden englischen Gesetz seine Genehmigung zu verweigern, als einem den Handel England’s beeinträchtigenden schottischen Gesetz seine Genehmigung zu ertheilen.

Die Klagen der Schotten waren indessen so laut, daß Karl im Jahre 1667 Commissare ernannte, welche die Bedingungen eines Handelstractats zwischen den beiden britischen Königreichen feststellen sollten. Die Conferenzen wurden bald abgebrochen, und Alles was sich während ihrer Dauer ereignete, bewies, daß es nur ein Mittel gab, durch welches Schottland einen Antheil an dem commerciellen Wohlstande erlangen konnte, dessen sich England damals erfreute.15 Die Schotten mußten ein Volk mit den Engländern werden, das Parlament, das bisher in Edinburg getagt hatte, mußte dem in Westminster tagenden Parlamente einverleibt werden. Dieses Opfer mußte von einem tapferen und stolzen Volke, das seit zwölf Generationen die südliche Oberherrschaft mit tödtlichem Widerwillen betrachtet hatte und dem bei den Gedanken an den Tod Wallace’s und an die Siege Bruce’s noch immer das Herz schwoll, nothwendig mit tiefem Schmerze empfunden werden. Es gab allerdings viele allzustrenge Patrioten, die sich einer Union entschieden widersetzt haben würden, selbst wenn sie hätten voraussehen können, daß eine solche Glasgow zu einer größeren Stadt als Amsterdam machen und die öden Lothians mit Feldern und Wäldern, mit netten Farmhäusern und stattlichen Schlössern bedecken würde. Aber es gab auch eine zahlreichere Klasse, welche nicht geneigt war, große und wesentliche Vortheile aufzugeben, um bloße Namen und Ceremonien zu behalten, und der Einfluß dieser Klasse war so mächtig, daß im Jahre 1670 das schottische Parlament England directe Anträge machte.16 Der König übernahm das Amt des Vermittlers und auf beiden Seiten wurden Bevollmächtigte ernannt; aber es kam zu keinem Abschlusse.

Nachdem die Frage achtzehn Jahre lang geruht hatte, wurde sie plötzlich durch die Revolution wieder in Anregung gebracht. Verschiedene Klassen, durch verschiedene Beweggründe geleitet, trafen in diesem Punkte zusammen. Mit Kaufleuten, welche gern die Vortheile des westindischen Handels mitgenießen wollten, verbanden sich thätige und strebsame Politiker, welche ihre Talente auf einer hervorragenderen Schaubühne als dem schottischen Parlamentshause zu entfalten und aus einer reicheren Quelle als dem schottischen Staatsschatze Reichthümer zu schöpfen wünschten. Der Ruf nach Union wurde durch einige schlaue Jakobiten verstärkt, welche nur Zwietracht und Aufschub herbeizuführen wünschten und welche diesen Zweck zu erreichen hofften, indem sie in die schwierige Frage, deren Lösung die specielle Aufgabe der Convention war, eine noch schwierigere Frage mischten. Es ist wahrscheinlich, daß Einige, denen die ascetischen Sitten und die strenge Kirchenzucht der Presbyterianer nicht behagten, eine Union deshalb wünschten, weil sie das einzige Mittel zur Aufrechthaltung der Prälatur im nördlichen Theile der Insel war. In einem vereinigten Parlamente mußten die englischen Mitglieder bedeutend überwiegen, und in England wurden die Bischöfe von der großen Mehrzahl der Bevölkerung hoch in Ehren gehalten. Die bischöfliche Kirche, das war klar, ruhte auf einer schmalen Grundlage und mußte bei dem ersten Angriffe fallen. Die bischöfliche Kirche von Großbritannien konnte eine hinreichend breite und feste Grundlage haben, um allen Angriffen zu widerstehen.

Ob es im Jahre 1689 möglich gewesen wäre, eine staatliche Union ohne religiöse Union zu bewerkstelligen, darf wohl bezweifelt werden. Das aber kann keinem Zweifel unterliegen, daß eine religiöse Union eine der größten Calamitäten gewesen sein würde, welche eines der beiden Königreiche treffen konnten. Die im Jahre 1707 zu Stande gebrachte Union war allerdings ein großer Segen für England wie für Schottland. Aber sie war deshalb ein Segen, weil sie, indem sie einen Staat bildete, zwei Kirchen bestehen ließ. Das politische Interesse der contrahirenden Theile war das nämliche; aber der kirchliche Streit zwischen ihnen war ein solcher, der keine Verständigung zuließ. Die Eintracht konnte daher nur dadurch erhalten werden, daß sie sich beide damit einverstanden erklärten, gesondert zu bleiben. Hätte eine Verschmelzung der Hierarchien stattgefunden, so würde eine Verschmelzung der Nationen niemals möglich gewesen sein. Aufeinanderfolgende Mitchells würden auf aufeinanderfolgende Sharpe’s geschossen haben; fünf Generationen von Claverhouse’s würden fünf Generationen von Camerons ermordet haben. Die erstaunlichen Verbesserungen, welche die Gestalt Schottland’s verändert haben, würden nie zu Stande gekommen sein. Ebenen, die jetzt reiche Ernten tragen, würden unfruchtbare Sümpfe geblieben sein. Wasserfälle, welche jetzt die Räder großartiger Fabriken treiben, würden in einer Wildniß verrauscht sein. New Lanark würde noch eine Schafweide, Greenock noch ein Fischerdorf sein. Die geringe Kraft, welche Schottland unter einem solchen System besessen haben würde, hätte bei einer Schätzung der Hülfsquellen Großbritanniens nicht hinzugefügt, sondern abgerechnet werden müssen. Mit einer solchen Bürde belastet, hätte unser Vaterland niemals, weder im Frieden noch im Kriege, eine Stelle in der ersten Reihe der Nationen einnehmen können. Leider fehlt es uns nicht an Anhalten zur Beurtheilung der Wirkung, die es auf den moralischen und physischen Zustand eines Volks hervorbringt, wenn eine Kirche, die nur von der Minderheit geliebt und verehrt, von der Mehrheit aber mit religiösem und nationalem Widerwillen betrachtet wird, in den ausschließlichen Genuß von Reichthümern und Würden gesetzt wird. Eine einzige solche Kirche ist eine hinreichend drückende Last für die Kräfte eines Reichs.

Wunsch der englischen Niederkirchlichen, das Episkopat in Schottland beizubehalten

Aber diese Dinge, welche uns, die wir durch eine bittere Erfahrung belehrt worden sind, klar zu sein scheinen, waren im Jahre 1689 selbst sehr toleranten und einsichtsvollen Staatsmännern keineswegs klar. Den englischen Niederkirchlichen war in der That wo möglich noch mehr als den englischen Hochkirchlichen um Aufrechthaltung des Episkopats in Schottland zu thun. Es ist eine auffallende Thatsache, daß Burnet, der stets beschuldigt wurde, daß er das calvinistische Kirchenregiment im Süden der Insel einführen wolle, sich durch seine Bemühungen, die Prälatur im Norden aufrecht zu erhalten, bei seinen Landsleuten sehr unbeliebt machte. Er war allerdings im Irrthum, aber sein Irrthum ist einer Ursache zuzuschreiben, die ihm keine Unehre macht. Sein Lieblingsziel, ein Ziel, das zwar unerreichbar, aber wohl geeignet war, einen großen Geist und ein wohlwollendes Herz zu fesseln, war schon seit langer Zeit ein ehrenvolles Abkommen zwischen der anglikanischen Kirche und den Nonconformisten. Er hielt es für ein großes Unglück, daß eine Gelegenheit zur Herbeiführung eines solchen Abkommens zur Zeit der Restauration versäumt worden war. Die Revolution schien ihm eine neue Gelegenheit dazu zu bieten. Er und seine Freunde unterstützten eifrig Nottingham’s Comprehensionsbill und schmeichelten sich mit vergeblichen Hoffnungen auf Erfolg. Aber sie sahen ein, daß in einem der beiden britischen Königreiche schwerlich eine Comprehension stattfinden könne, wenn nicht auch in dem andren eine solche stattfinde. Ein Zugeständniß mußte durch ein andres erkauft werden. Wenn der Presbyterianer sich hartnäckig weigerte, da wo er stark war, auf irgend welche Vergleichsvorschläge zu hören, so mußte es fast unmöglich sein, da wo er schwach war, liberale Vergleichsbedingungen für ihn zu erlangen. Die Bischöfe mußten daher ihre Sitze in Schottland behalten dürfen, damit Geistliche, welche nicht von Bischöfen ordinirt waren, Rectorate und Canonicate in England bekleiden durften.

Ansichten Wilhelm’s über das kirchliche Regiment in Schottland

So waren die Sachen der Episkopalen im Norden und die Sache der Presbyterianer im Süden in einer Weise mit einander verkettet, welche selbst einen geschickten Staatsmann wohl in Verlegenheit setzen konnte. Es war ein Glück für unser Vaterland, daß die Entscheidung der hochwichtigen Frage, welche so viele heftige Leidenschaften aufregte und die sich unter so verschiedenen Gesichtspunkten darstellte, einem Manne wie Wilhelm oblag. Er hörte auf Episkopalen, auf Latitudinarier und Presbyterianer, auf den Dechant von Glasgow, der die apostolische Succession verfocht, auf Burnet, der die Gefahr, den anglikanischen Klerus zu entfremden, schilderte, und auf Carstairs, der die Prälatur mit dem Hasse eines Mannes haßte, dessen Daumen tiefe Spuren von den Schrauben der Prälatisten zeigten. Umgeben von diesen eifrigen Advokaten, blieb Wilhelm ruhig und unparteiisch. Er eignete sich in der That durch seine Stellung sowohl wie durch seine persönlichen Eigenschaften vorzugsweise zum Schiedsrichter in diesem wichtigen Streite. Er war der König eines prälatistischen Reiches und der höchste Beamte einer presbyterianischen Republik. Seine Abgeneigtheit, die anglikanische Kirche zu verletzen, deren Oberhaupt er war, und seine Abgeneigtheit, die reformirten Kirchen des Continents zu verletzen, die ihn als einen Vorkämpfer betrachteten, den Gott gesandt, um sie gegen die französische Tyrannei zu beschützen, hielten sich die Wage und verhinderten ihn, sich ungebührlich auf diese oder jene Seite zu neigen. Seine Ueberzeugung war vollkommen neutral. Denn er war entschieden der Meinung, daß keine Form des Kirchenregiments göttlichen Ursprungs sei. Er dissentirte eben so sehr von der Schule Laud’s wie von der Schule Cameron’s, von den Männern, welche meinten, daß es keine christliche Kirche ohne Bischöfe, und von den Männern, welche meinten, daß es keine christliche Kirche ohne Synoden geben könne. Welche Form des Kirchenregiments zu wählen sei, war seiner Ueberzeugung nach nur eine Frage der Zweckmäßigkeit. Er würde wahrscheinlich ein Mittelding zwischen den beiden rivalisirenden Systemen vorgezogen haben, eine Hierarchie, in der die ersten geistlichen Würdenträger etwas mehr als Moderatoren und etwas weniger als Prälaten gewesen wären. Aber er war ein viel zu einsichtsvoller Mann, als daß er hätte daran denken können, eine solche Angelegenheit nach seinen persönlichen Neigungen zu ordnen. Er beschloß daher, als Vermittler zu handeln, wenn sich auf beiden Seiten Bereitwilligkeit zu einem Vergleiche zeigte. Sollte es sich aber herausstellen, daß die öffentliche Meinung in England und die öffentliche Meinung in Schottland entschieden auseinandergingen, so wollte er es nicht versuchen, eine der beiden Nationen zum Anschluß an die Meinung der andren zu nöthigen. Er wollte jeder von ihnen ihre eigne Kirche lassen und sich darauf beschränken, beide Kirchen von der Verfolgung der Nonconformisten und von Eingriffen in die Functionen der Civilbehörden abzuhalten.

Die Sprache, die er den schottischen Episkopalen gegenüber führte, welche ihm ihre Leiden klagten und um seinen Schutz baten, war wohlüberlegt und sehr vorsichtig, aber klar und freimüthig. Er sagte, er wünsche die Institution, an der sie so sehr hingen, wo möglich aufrecht zu erhalten und zu gleicher Zeit derjenigen Partei, welche zu keiner Abweichung von der presbyterianischen Urform zu bringen sei, völlige Gewissensfreiheit zu gewähren. Aber die Bischöfe mußten auch darauf bedacht sein, daß sie es ihm nicht durch ihre Uebereilung und Hartnäckigkeit unmöglich machten, ihnen irgendwie nützlich zu sein. Sie mußten sich klar bewußt sein, daß er entschlossen sei, Schottland nicht mit dem Schwerte eine Form des Kirchenregiments aufzuzwingen, die es verabscheue. Wenn es sich daher herausstellen sollte, daß die Prälatur nur mit Hülfe der Waffen aufrecht erhalten werden könne, so würde er der allgemeinen Gesinnung nachgeben und nur sein Möglichstes thun, damit es der bischöflichen Minorität gestattet werde, Gott in Freiheit und Sicherheit zu verehren.17

Comparative Stärke der religiösen Parteien in Schottland

Es ist nicht wahrscheinlich daß, selbst wenn die schottischen Bischöfe, wie Wilhelm anempfahl, Alles gethan hätten, was der Milde und Klugheit möglich war, um ihre Landsleute mit sich auszusöhnen, das Episkopat unter irgend welcher veränderten Gestalt hätte aufrecht erhalten werden können. Es ist zwar von Schriftstellern der damaligen Generation behauptet und von Schriftstellern unsrer Generation wiederholt worden, daß die Presbyterianer vor der Revolution nicht die Mehrheit der Bevölkerung Schottland’s gebildet hätten.18 In dieser Behauptung liegt jedoch eine offenbare Täuschung. Die wirkliche Stärke einer Religionspartei darf nicht lediglich nach ihrer Kopfzahl bemessen werden. Eine Landeskirche, eine dominirende Kirche, eine Kirche, die im ausschließlichen Besitz der bürgerlichen Ehren und Einkünfte ist, wird jederzeit unter ihren nominellen Mitgliedern viele zählen, welche gar keine Religion haben, viele, die zwar nicht ohne alle Religion sind, sich aber um religiöse Streitigkeiten wenig kümmern und kein Bedenken tragen, sich der eben bestehenden Art der Gottesverehrung zu conformiren, und viele, die sich wegen des Conformirens zwar Bedenken machen, deren Bedenken aber weltlichen Beweggründen gewichen sind. Auf der andren Seite hat jedes Mitglied einer unterdrückten Kirche eine entschiedene Vorliebe für diese Kirche. Von Jemandem, der zu den Zeiten Diocletian’s an der Feier der christlichen Mysterien Theil nahm, konnte vernünftigerweise angenommen werden, daß er fest an Christum glaube. Aber es würde ein großer Irrthum sein, wollte man glauben, daß ein einziger Pontifex oder Augur im römischen Senat fest an Jupiter geglaubt habe. Unter Mariens Regierung war Jedermann, der an den geheimen Zusammenkünften der Protestanten Theil nahm, ein wahrer Protestant; aber Hunderttausende besuchten die Messe, von denen es sich schon in den ersten Wochen nach Mariens Tode zeigte, daß sie keine aufrichtigen Katholiken waren. Wenn unter den Königen des Hauses Stuart, wo ein Presbyterianer von politischer Macht und wissenschaftlichen Berufszweigen ausgeschlossen war, täglich von Angebern, von tyrannischen Magistratsbeamten, oder von zügellosen Dragonern belästigt wurde und Gefahr lief aufgehängt zu werden, wenn er eine Predigt unter freiem Himmel anhörte, die Bevölkerung Schottland’s sich nicht sehr ungleich in Episkopale und Presbyterianer theilte, so läßt sich vernünftigerweise annehmen, daß mehr als neunzehn Zwanzigstel von denjenigen Schotten, deren Gewissen bei der Sache betheiligt war, Presbyterianer waren und daß von zwanzig Schotten nicht einer entschieden und aus Ueberzeugung ein Episkopale war. Gegen ein solches Uebergewicht hatten die Bischöfe wenig Aussicht, und die geringe Aussicht, die sie etwa hatten, beeilten sie sich abzuwerfen, Einige deshalb, weil sie der aufrichtigen Meinung waren, ihre Unterthanenpflicht gehöre noch immer Jakob, Andere wahrscheinlich aus Besorgniß, daß Wilhelm, wenn er auch den Willen hätte, nicht die Macht haben würde, ihnen zu helfen, und daß nur eine Contrerevolution im Staate einer Revolution in der Kirche vorbeugen könne.

Schreiben von Wilhelm an die schottische Convention

Da der neue König von England während der Sitzungen der schottischen Convention nicht in Edinburg sein konnte, so wurde ein Schreiben von ihm an die Stände mit großer Geschicklichkeit entworfen. In diesem Dokumente erklärte er seine warme Anhänglichkeit an die protestantische Religion, sprach sich aber nicht über diejenigen Fragen aus, bezüglich welcher die Ansicht der Protestanten getheilt war. Er sagte, er habe mit großer Genugthuung bemerkt, daß viele von den schottischen Cavalieren und Gentlemen, mit denen er in London conferirt, zu einer Vereinigung der beiden britischen Königreiche geneigt seien. Er sehe ein, wie sehr eine solche Vereinigung das Glück beider Länder fördern würde, und er werde Alles thun was in seinen Kräften stehe, damit ein so gutes Werk zu Stande komme.

Wilhelm’s Instructionen für seine Agenten in Schottland

Seinen confidentiellen Agenten in Edinburg mußte er eine große Freiheit im Handeln gestatten. Die geheimen Instructionen, welche er diesen Männern ertheilte, konnten daher nicht minutiös sein, aber sie waren höchst verständig. Er beauftragte sie, die wahre Gesinnung der Convention nach besten Kräften zu ermitteln und sich durch dieselbe leiten zu lassen. Sie sollten stets eingedenk sein, daß der erste Zweck die Befestigung der Regierung sei. Diesem Zwecke mußte jeder andre, selbst die Union, nachstehen. Ein Vertrag zwischen zwei mehrere Tagereisen entfernten Legislaturen müsse nothwendig das Werk der Zeit sein und der Thron könne während der Dauer der Unterhandlungen nicht füglich erledigt bleiben. Die Agenten Sr. Majestät müßten daher ganz besonders auf ihrer Hut sein gegen die Kunstgriffe von Leuten, welche unter dem Vorwand, die Union zu fördern, thatsächlich nur eine Verlängerung des Interregnums beabsichtigten. Wenn die Convention geneigt sein sollte, die presbyterianische Form des Kirchenregiments einzuführen, so wünsche Wilhelm, daß seine Freunde Alles aufböten, um die siegende Religionspartei abzuhalten, für die erlittenen Drangsale Wiedervergeltung zu üben.19

Die Dalrymple

Der Mann, durch dessen Rath sich Wilhelm damals in Sachen der schottischen Politik hauptsächlich leiten ließ, war ein Schotte von großen Fähigkeiten und Geistesgaben, Sir Jakob Dalrymple von Stair, der Begründer einer Familie, die sich in der Advokatur, auf der Richterbank, im Senate, in der Diplomatie, in den Waffen und in der Literatur auszeichnete, die sich aber auch durch Unglücksfälle und Missethaten, welche den Dichtern und Romanschreibern Stoff zu den schwärzesten und herzzerreißendsten Geschichten geliefert, einen Namen gemacht hat. Sir Jakob hatte schon mehr als einen sonderbaren und entsetzlichen Todesfall zu betrauern gehabt. Eine seiner Töchter hatte ihren Bräutigam in der Hochzeitsnacht erstochen. Einer seiner Enkel war bei einem kindlichen Spiele von einem andren getödtet worden. Boshafte Pamphletisten behaupteten und ein Theil des abergläubischen Volks glaubte es, daß so entsetzliche Unfälle die Folge einer gewissen Verbindung zwischen der unglücklichen Familie und den Mächten der Finsterniß sei. Sir Jakob hatte einen schiefen Hals; dieses Unglück warf man ihm wie ein Verbrechen vor und sagte, daß er dadurch als ein für den Galgen bestimmter Mann gezeichnet sei. Seine Gattin, eine Frau von hoher geistiger Begabung, Klugheit und Entschlossenheit, hatte vom Volke den Spottnamen der Hexe von Endor erhalten. Es wurde allen Ernstes gesagt, daß sie auf Diejenigen, die sie haßte, einen furchtbaren Zauber geworfen und daß man sie in der Gestalt einer Katze auf der Staatsdecke zur Seite des Lordstatthalters habe sitzen sehen. Der Mann, auf dessen Dache ein so mannichfacher Fluch zu lasten schien, stand jedoch, soweit wir dies jetzt noch beurtheilen können, keineswegs auf einer viel tieferen Stufe der Moralität als die große Mehrzahl der Staatsmänner seiner Zeit und seiner Nation. An Seelenstärke und Kenntnissen war er ihnen Allen überlegen. In seiner Jugend hatte er die Waffen getragen, dann war er Professor der Philosophie gewesen, hatte hierauf die Rechte studirt und war anerkanntermaßen der größte Jurist, den sein Vaterland hervorgebracht hat. In den Tagen des Protectorats war er Richter gewesen. Nach der Restauration hatte er sich mit der königlichen Familie ausgesöhnt, war Mitglied des Geheimraths geworden und hatte mit unvergleichlicher Geschicklichkeit dem Court of Session präsidirt. Allerdings hatte er an manchen nicht zu rechtfertigenden Handlungen Theil genommen, aber eine gewisse Grenze überschritt er niemals. Er besaß ein merkwürdiges Talent, einem Satze, den zu behaupten er für gut fand, einen plausibeln Anschein von Gesetzlichkeit und selbst von Gerechtigkeit zu geben, und dieses Talent mißbrauchte er häufig. Aber er war nicht wie viele von Denen, unter welchen er lebte, schamlos und gewissenlos servil. Schamgefühl oder Gewissen hielten ihn in der Regel ab, eine Schlechtigkeit zu begehen, für die sein seltener Scharfsinn nicht einen speziösen Vertheidigungsgrund ausfindig machen konnte, und er fehlte gewöhnlich an seinem Platze im Staatsrath, wenn eine empörende Ungerechtigkeit oder Grausamkeit im Werke war. Seine Mäßigung wurde dem Hofe endlich unangenehm. Er wurde seines hohen Amtes entsetzt und befand sich in einer so mißlichen Situation, daß er sich nach Holland zurückzog. Dort beschäftigte er sich mit der Verbesserung des großen juristischen Werks, das seinen Namen bis auf unsre Zeit in frischem Andenken erhalten hat. In seinem Exil bemühte er sich, die Gunst seiner Mitverbannten zu gewinnen, die ihn natürlich mit Argwohn betrachteten. Er betheuerte, und vielleicht war dem wirklich so, daß seine Hände rein seien vom Blute der verfolgten Covenanters. Er trug eine große Religiosität zur Schau, betete viel und beobachtete allwöchentlich Fast- und Kasteiungstage. Nach langem Zaudern willigte er sogar ein, das unglückliche Unternehmen Argyle’s mit seinem Rathe und Ansehen zu unterstützen. Als dieses Unternehmen gescheitert war, wurde Dalrymple in Edinburg der Prozeß gemacht, und seine Güter würden ohne allen Zweifel confiscirt worden sein, hätte man sie nicht durch einen Kunstgriff gerettet, der in der Folge unter den schottischen Staatsmännern sehr gewöhnlich wurde. Sein ältester Sohn und muthmaßlicher Erbe, Johann, trat auf die Seite der Regierung, unterstützte das Dispensationsrecht, erklärte sich gegen den Test und nahm die Stelle des Lord Advokaten an, als Sir Georg Mackenzie, nachdem er zehn Jahre entehrender Plackerei auf diesem Posten ausgeharrt, endlich Zeichen der Erschlaffung blicken ließ. Die Dienste des jungen Dalrymple wurden mit Erlassung, der Vermögensconfiscation belohnt, der sich der ältere durch seine Vergehen ausgesetzt hatte. Diese Dienste waren allerdings auch nicht zu verachten, denn obwohl Sir John an Tiefe und Umfang der juristischen Kenntnisse seinem Vater nachstand, war er doch kein gewöhnlicher Mensch. Er besaß eine vielseitige Bildung, einen scharfen Verstand und eine ungemein schlagende und elegante Beredtsamkeit. Auf Frömmigkeit machte er keinen Anspruch. Episkopalen und Presbyterianer stimmten in der That darin überein, daß sie ihn für wenig besser als einen Atheisten hielten. Einige Monate lang stellte sich Sir Johann in Edinburg, als ob er die Illoyalität seines unglücklichen Vaters, Sir Jakob, verdammte, und Sir Jakob sagte in Leyden zu seinen puritanischen Freunden, daß er die abscheuliche Willfährigkeit seines unglücklichen Sohnes tief beklage.

Die Revolution kam und brachte dem Hause Stair einen großen Zuwachs an Reichthum und Ehren. Der Sohn wechselte sogleich die Farbe und cooperirte geschickt und eifrig mit dem Vater. Sir Jakob nahm seinen Wohnsitz in London, um Wilhelm in schottischen Angelegenheiten mit seinem Rathe zu unterstützen. Sir Johann’s Posten war im Parlamentshause zu Edinburg. Es war nicht wahrscheinlich, daß er unter den dortigen Wortkämpfern seines Gleichen finden würde, und er war darauf vorbereitet alle seine Kräfte gegen die Dynastie aufzubieten, der er noch kürzlich gedient hatte.20

Melville

Von der zahlreichen Partei, welche dem calvinistischen Kirchenregiment eifrig zugethan war, wurde Johann Dalrymple mit unheilbarem Mißtrauen und Widerwillen betrachtet. Es mußte daher ein andrer Agent zur Bearbeitung dieser Partei ernannt werden. Dieser Agent war Georg Melville, Lord Melville, ein mit dem unglücklichen Monmouth und dem Leslie, der die schottische Armee mit so schlechtem Erfolg bei Dunbar gegen Cromwell befehligt hatte, verwandter Edelmann. Melville hatte von jeher für einen Whig und Presbyterianer gegolten. Selbst Diejenigen, die am günstigsten über ihn urtheilen, haben es nicht gewagt, ihm ausgezeichnete Geistesgaben oder glühenden Gemeinsinn zuzuschreiben. Aus seinen Briefen geht jedoch hervor, daß es ihm keineswegs an der natürlichen Klugheit fehlte, deren Mangel Männern von glänzenderem Genie und reinerer Tugend oft zum Verderben gereicht hat. Diese Klugheit hatte ihn abgehalten, in der Opposition gegen die Tyrannei der Stuarts zu weit zu gehen, aber er hatte zugehört, wenn seine Freunde von Widerstand sprachen, und als das Ryehousecomplot entdeckt wurde, hielt er es daher für rathsam, sich auf den Continent zurückzuziehen. In seiner Abwesenheit wurde er des Hochverraths angeklagt und auf Beweise hin, welche keinem unparteiischen Gerichtshofe genügt haben würden, für schuldig befunden. Er ward zum Tode verurtheilt, seine Ehren und Güter wurden für verwirkt erklärt, sein Wappen mit Schimpf und Schande aus dem Buche des Herolds gerissen, und seine Besitzungen vermehrten das Vermögen des grausamen und habsüchtigen Perth. Unterdessen lebte der Flüchtling mit characteristischer Vorsicht ruhig auf dem Continent und mißbilligte die unglücklichen Pläne seines Vetters Monmouth, zollte aber dem Unternehmen des Prinzen von Oranien von Herzen seinen Beifall.

Krankheit hatte Melville verhindert, mit der holländischen Expedition abzusegeln; aber wenige Stunden nachdem die neuen Herrscher in London proklamirt worden waren, kam er daselbst an. Wilhelm schickte ihn sogleich nach Edinburg, wie es scheint in der Hoffnung, daß die Presbyterianer gemäßigten Rathschlägen aus dem Munde eines Mannes, der ihrer Sache ergeben war und für dieselbe gelitten hatte, Gehör schenken würden. Melville’s zweiter Sohn, David, der durch seine Mutter den Titel eines Earl von Leven geerbt und sich im Dienste des Kurfürsten von Brandenburg einige militärische Erfahrung erworben, hatte die Ehre, der Ueberbringer eines Briefes von dem neuen König von England an die schottische Convention zu sein.21

Jakob’s Agenten in Schottland: Dundee, Balcarras

Jakob hatte die Leitung seiner Angelegenheiten in Schottland Johann Graham, Viscount Dundee, und Colin Lindsay, Earl von Balcarras, übertragen. Dundee hatte ein schottisches Truppencorps commandirt, das in England eingerückt war, um den Engländern Widerstand zu leisten; aber er hatte in dem ruhmlosen Feldzuge, der für die Dynastie Stuart verderblich geworden war, keine Gelegenheit gehabt, den Muth und die militärische Tüchtigkeit zu entfalten, deren Besitz ihm selbst Diejenigen zugestehen, die seinen erbarmungslosen Character am tiefsten verabscheuen. Er stand mit seinen Truppen nicht weit von Watford, als er erfuhr, daß Jakob von Whitehall geflohen war und daß Feversham die ganze königliche Armee aufzulösen befohlen hatte. So befanden sich die schottischen Regimenter ohne Gold und ohne Lebensmittel inmitten einer fremden und sogar feindlichen Nation. Dundee soll vor Schmerz und Wuth geweint haben. Bald kamen jedoch von verschiedenen Seiten erfreulichere Nachrichten. Wilhelm schrieb einige Zeilen, worin er sagte, daß, wenn die Schotten sich ruhig verhielten, er mit seiner Ehre dafür einstehen würde, daß ihnen nichts geschehen solle, und einige Stunden darauf erfuhr man, daß Jakob in seine Hauptstadt zurückgekehrt war. Dundee eilte sofort nach London.22 Hier traf er mit seinem Freunde Balcarras zusammen, der eben aus Edinburg angelangt war. Balcarras, ein Mann, der sich durch angenehme Persönlichkeit und durch Bildung auszeichnete, hatte in seiner Jugend den Patrioten gespielt, war aber der Sache des Volks untreu geworden, hatte einen Sitz im Geheimrath angenommen, war ein Werkzeug Perth’s und Melfort’s geworden, und war einer der Commissare gewesen, welche zur Verwaltung des Schatzmeisteramts ernannt wurden, als Queensberry in Ungnade fiel, weil er die Interessen der protestantischen Religion nicht hatte verrathen wollen.23

Dundee und Balcarras gingen zusammen nach Whitehall und hatten die Ehre, Jakob auf seinem letzten Spaziergange in der Mailbahn zu begleiten. Er sagte ihnen, daß er seine Angelegenheiten in Schottland ihren Händen anzuvertrauen gedenke. „Sie, Mylord Balcarras, müssen die Civilgeschäfte übernehmen, und Sie, Mylord Dundee, sollen eine Vollmacht zur Uebernahme des militärischen Commandos von mir erhalten.“ Die beiden Lords versprachen sich seines Vertrauens würdig zu zeigen und wiesen jeden Gedanken an eine Aussöhnung mit dem Prinzen von Oranien entschieden zurück.24

Am folgenden Tage verließ Jakob Whitehall für immer und der Prinz von Oranien kam im St. Jamespalast an. Sowohl Dundee als Balcarras befanden sich unter der Menge, welche zur Begrüßung des Befreiers herbeiströmte und sie wurden nicht unfreundlich aufgenommen. Beide waren ihm wohlbekannt. Dundee hatte auf den Continent unter ihm gedient,25 und Balcarras’ erste Gemahlin war eine Dame aus dem Hause Oranien gewesen und hatte an ihrem Hochzeitstage ein Paar prächtiger Smaragdohrringe getragen, welche ihr Vetter, der Prinz, ihr zum Geschenk gemacht.26

Die schottischen Whigs, welche damals in großer Anzahl zu Westminster versammelt waren, drangen ernstlich in Wilhelm, dem Namen nach vier oder fünf Männer zu proscribiren, welche in den schlimmen Seiten bei den Maßnahmen des Geheimrath zu Edinburg eine bedeutende Rolle gespielt hatten. Dundee und Balcarras wurden speciell erwähnt. Aber der Prinz hatte beschlossen, soweit seine Macht reichte, den Schleier einer allgemeinen Amnestie über alles Vergangene zu werfen, und weigerte sich entschieden, irgend eine Erklärung zu erlassen, die selbst den strafbarsten der Diener seines Oheims hätte zur Verzweiflung bringen können.

Balcarras begab sich zu wiederholten Malen in den St. Jamespalast, hatte mehrere Audienzen bei Wilhelm, sprach seine tiefste Ehrerbietung gegen Seine Hoheit aus und gestand zu, daß König Jakob große Fehler begangen habe, wollte aber nicht versprechen, sich bei einem Absetzungsvotum zu betheiligen. Wilhelm äußerte kein Mißfallen darüber, sagte aber beim Abschiede: „Nehmen Sie Bedacht darauf, Mylord, daß Sie Sich innerhalb des Gesetzes halten, denn wenn Sie es übertreten, haben Sie zu erwarten, daß Sie demselben überlassen werden.“27

Dundee scheint weniger aufrichtig gewesen zu sein. Er bediente sich der Vermittelung Burnet’s, trat in Unterhandlung mit dem Hofe, erklärte seine Bereitwilligkeit, sich der neuen Ordnung der Dinge zu unterwerfen, erlangte von Wilhelm ein Protectionsversprechen und versprach dafür, sich ruhig zu verhalten. Man schenkte seinen Versicherungen so vollen Glauben, daß man ihm gestattete, unter der Eskorte eines Reitertrupps nach Schottland zu reisen. Ohne eine solche Eskorte würde der Blutmensch, dessen Name an dem Herde jeder presbyterianischen Familie nicht ohne einen Schauder genannt wurde, unter den damaligen Umständen eine gefährliche Reise durch Berwickshire und die Lothians gehabt haben.28

Der Februar ging zu Ende, als Dundee und Balcarras in Edinburg ankamen. Sie hatten einige Hoffnung, die Häupter einer Majorität in der Convention zu werden, und sie bemühten sich daher kräftig, ihre Partei zu consolidiren und zu beleben. Sie versicherten den strengen Royalisten, welche Bedenken trugen, in einer von einem Usurpator einberufenen Versammlung zu sitzen, der rechtmäßige König wünsche ganz besonders, daß kein Freund der erblichen Monarchie fehle. Mehr als ein Schwankender wurde dadurch fest erhalten, daß man ihm im Vertrauen versicherte, eine baldige Restauration sei unvermeidlich. Gordon hatte schon beschlossen, das Schloß zu übergeben, und angefangen, sein Mobiliar fortzuschaffen; aber Dundee und Balcarras überredeten ihn, noch einige Zeit auszuharren. Sie theilten ihm mit, daß sie aus Saint-Germains volle Ermächtigung erhalten hätten, die Convention nach Stirling zu verlegen und daß, wenn es in Edinburg schlecht gehen sollte, von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht werden würde.29

Zusammentritt der Convention

Endlich erschien der 14. März, der zum Zusammentritt der Stände bestimmte Tag, und das Parlamentshaus war gedrängt voll. Neun Prälaten waren auf ihren Plätzen. Als Argyle eintrat, protestirte ein einziger Lord gegen die Zulassung eines Mannes, der durch ein in alter Form ausgesprochenes und noch nicht umgestoßenes rechtskräftiges Erkenntniß der Ehren der Pairie entkleidet worden sei. Dieser Einwurf wurde jedoch durch die allgemeine Ansicht der Versammlung entkräftet. Als Melville erschien, erhob sich keine Stimme gegen seine Zulassung. Der Bischof von Edinburg fungirte als Kaplan und nahm in sein Gebet die Bitte auf, Gott möge dem König Jakob beistehen und ihn wieder auf den Thron setzen.30 Es zeigte sich bald, daß die allgemeine Gesinnung der Convention mit diesem Gebet durchaus nicht in Einklang stand. Die erste zu erledigende Angelegenheit war die Wahl eines Präsidenten. Der Herzog von Hamilton wurde von den Whigs, der Marquis von Athol von den Jakobiten unterstützt. Aber keiner der beiden Candidaten besaß das volle Vertrauen seiner Parteianhänger, und verdiente es auch nicht. Hamilton war ein Staatsrath Jakob’s gewesen, hatte an vielen nicht zu rechtfertigenden Maßregeln Theil gehabt und hatte den frechsten Angriffen auf die Gesetze und die Religion Schottland’s einen nur sehr vorsichtigen und lauen Widerstand entgegengesetzt. Erst als Whitehall von holländischen Garden bewacht wurde, wagte er es sich offen auszusprechen. Er hatte sich nun der siegreichen Partei angeschlossen und den Whigs versichert, daß er nur deshalb zum Schein ihr Feind gewesen sei, um, ohne Verdacht zu erwecken, als ihr Freund handeln zu können. Athol war noch weniger zu trauen. Er besaß geringe Fähigkeiten und einen falschen, kleinmüthigen und grausamen Character. Unter der letzten Regierung hatte er sich durch die Grausamkeiten, die er in Argyleshire verübt, eine schmachvolle Berühmtheit erworben. Er hatte mit dem Wechsel des Glücks die Farbe gewechselt und hatte dem Prinzen von Oranien in serviler Weise den Hof gemacht, war aber kalt aufgenommen worden und war nun aus bloßem Aerger darüber zu der Partei zurückgekehrt, die er verlassen.31 Keiner der beiden rivalisirenden Edelleute hatte sich bemüßigt gefunden, die Würden und Besitzungen seines Hauses auf den Ausgang des Kampfes zwischen den beiden rivalisirenden Königen zu setzen. Hamilton’s ältester Sohn hatte sich für Jakob, Athol’s ältester Sohn für Wilhelm erklärt, so daß für alle Fälle beide Adelskronen und beide Güter gesichert waren.

Aber in Schottland waren die herrschenden Begriffe von politischer Moral lax und das aristokratische Gefühl stark; die Whigs waren daher geneigt zu vergeben, daß Hamilton noch unlängst im Staatsrathe Jakob’s gesessen hatte, und eben so waren die Jakobiten bereit zu vergessen, daß Athol kürzlich Wilhelm den Hof gemacht. In Hinsicht der politischen Inconsequenz waren diese beiden vornehmen Lords allerdings weit entfernt vereinzelt dazustehen; an Ansehen und Macht aber hatten sie kaum ihres Gleichen in der Versammlung. Sie waren von höchst vornehmer Herkunft und besaßen einen ungeheuren Einfluß; der eine von ihnen konnte das westliche Niederland zu den Waffen rufen, der andre eine Armee nordischer Bergschotten ins Feld stellen. Um diese beiden Oberhäupter schaarten sich daher die feindlichen Factionen.

Hamilton zum Präsidenten erwählt

Die Stimmen wurden gezählt, und es ergab sich, daß Hamilton eine Majorität von vierzigen hatte. In Folge dessen gingen etwa Zwanzig von der geschlagenen Partei sofort zu den Siegern über.32 In Westminster würde ein solcher Abfall sonderbar erschienen sein; in Edinburg aber scheint er wenig überrascht zu haben. Es ist ein bemerkenswerther Umstand, daß das nämliche Land in dem nämlichen Jahrhundert die wunderbarsten Beispiele von beiden Extremen der menschlichen Natur hervorbrachte. Keine Klasse von Menschen, deren die Geschichte erwähnt, hat je an einem Principe mit unbeugsamerer Hartnäckigkeit festgehalten, als man sie bei den schottischen Puritanern fand. Geld- und Gefängnißstrafen, Brandmarkungseisen, spanische Stiefel, Daumenschrauben und Galgen vermochten dem starren Covenanter kein ausweichendes Wort zu erpressen, welchem ein mit seinem theologischen System unvereinbarer Sinn unterzuschieben gewesen wäre. Selbst in indifferenten Dingen wollte er von keinem Vergleich hören und er war nur zu bereit, alle Diejenigen, welche Klugheit und Nächstenliebe anempfahlen, als Verräther an der Sache der Wahrheit zu betrachten. Auf der andren Seite waren die Schotten jener Generation, welche im Parlamentshause und im Rathszimmer eine hervorragende Rolle spielten, die falschesten und schamlosesten Achselträger, welche die Welt je gesehen. Die Engländer wunderten sich gleichmäßig über beide Klassen. Es gab zwar viele standhafte Nonconformisten im Süden, aber kaum einer unter ihnen konnte sich an Hartnäckigkeit, Kampflust und Unerschrockenheit mit den Männern aus der Schule Cameron’s messen. Es gab viele schurkische Politiker im Süden, aber wenige darunter waren so vollständig aller Moralität und noch wenigere so vollständig alles Schamgefühls bar wie die Männer aus der Schule Lauderdale’s. Vielleicht ist es natürlich, daß die gefühlloseste und frechste Lasterhaftigkeit sich in der nächsten Nähe unvernünftiger und unlenksamer Tugend findet. Wo Fanatiker bereit sind, wegen Kleinigkeiten, die durch ein übermäßig scrupulöses Gewissen zu Wichtigkeit erhoben werden, zu vernichten oder sich vernichten zu lassen, da kann es nicht Wunder nehmen, wenn das Wort Gewissen an sich schon für kalte und schlaue Geschäftsmänner ein Wort des Hohnes und der Verachtung wird.

Wahlausschuß

Die Majorität, verstärkt durch die Ueberläufer von der Minorität, schritt nun zur Ernennung eines Wahlausschusses. Es wurden funfzehn Mitglieder erwählt, und es zeigte sich bald, daß zwölf davon nicht geneigt waren, die Regelmäßigkeit des Verfahrens streng zu untersuchen, durch welches ein Whig in das Parlamentshaus geschickt worden war. Der Herzog von Hamilton selbst soll über die grobe Parteilichkeit seiner eignen Anhänger entrüstet gewesen sein und sich, allerdings mit geringem Erfolge, bemüht haben, ihre Heftigkeit zu zügeln.33

Das Schloß von Edinburg zur Uebergabe aufgefordert

Ehe die Stände mit der Berathung der Angelegenheit begannen, um deren willen sie zusammengetreten waren, hielten sie es für nöthig, auf ihre Sicherheit bedacht zu sein. Sie konnten nicht ganz unbesorgt sein, so lange das Dach, unter dem sie saßen, von den Batterien des Schlosses beherrscht wurde. Es wurde demnach eine Deputation an Gordon abgesandt, um ihn im Namen der Convention aufzufordern, die Festung binnen vierundzwanzig Stunden zu räumen, und ihm zu sagen, daß, wenn er sich füge, seiner Vergangenheit nicht zu seinem Nachtheil gedacht werden solle. Er bat um eine Nacht Bedenkzeit. Während dieser Nacht wurde sein schwankender Sinn durch Dundee’s und Balcarras’ eindringliche Vorstellungen befestigt. Am andren Morgen schickte er eine in ehrerbietigen, aber ausweichenden Ausdrücken abgefaßte Antwort. Er erklärte darin, er sei weit entfernt, Böses gegen die Stadt Edinburg im Sinne zu haben. Am allerwenigsten könne es ihm einfallen, eine hohe Versammlung zu belästigen, die er mit der größten Ehrfurcht betrachte. Er sei gern bereit, Bürgschaft für sein friedliches Verhalten bis zum Betrage von zwanzigtausend Pfund Sterling zu erlegen. Aber er stehe mit der jetzt in England eingesetzten Regierung in Verbindung, er erwarte stündlich Depeschen von dieser Regierung und bis zum Eingang derselben halte er sich nicht für berechtigt, sein Commando niederzulegen. Diese Entschuldigungen wurden nicht angenommen. Es wurden Herolde und Trompeter abgeschickt, um das Schloß in aller Form zur Uebergabe aufzufordern und Diejenigen, welche fortfahren sollten, diese Festung der Autorität der Stände zum Trotz besetzt zu halten, des Hochverraths für schuldig zu erklären. Zu gleicher Zeit wurden Wachen ausgestellt, um jede Verbindung zwischen der Garnison und der Stadt abzuschneiden.34

Dundee von den Covenanters bedroht

Unter diesen Vorspielen waren zwei Tage verstrichen und man erwartete, daß am Morgen des dritten der große Kampf beginnen werde. Die Bevölkerung von Edinburg war unterdessen in großer Aufregung. Man war dahinter gekommen, daß Dundee auf dem Schlosse Besuche gemacht hatte, und man glaubte, daß seine Ermahnungen die Garnison bewegen hätten, Widerstand zu leisten. Man wußte, daß seine alten Soldaten sich um ihn schaarten, und es stand wohl zu befürchten, daß er einen verzweifelten Versuch unternehmen werde. Er dagegen hatte erfahren, daß die westlichen Covenanters, welche die Keller der Stadt füllten, ihm Rache geschworen hatten, und in der That, wenn wir erwägen, daß sie von beispiellos wildem und unversöhnlichem Character waren, daß man sie gelehrt hatte, das Erschlagen eines Verfolgers als eine Pflicht zu betrachten, daß keine in der heiligen Schrift vorkommenden Beispiele ihnen häufiger zur Bewunderung vorgehalten wurden als Ehud, wie er Eglon ersticht, und Samuel, wie er Agag in Stücken haut, daß sie keine That aus der Geschichte ihres Vaterlandes von ihren Lieblingslehrern wärmer hatten loben hören als die Ermordung des Cardinals Beatoun und des Erzbischofs Sharpe, so dürfen wir uns wohl wundern, daß ein Mann, der das Blut der Heiligen wie Wasser vergossen hatte, nur einen einzigen Tag ohne Lebensgefahr durch High Street gehen konnte. Der Feind, den Dundee am meisten Grund zu fürchten hatte, war ein junger Mann von ausgezeichnetem Muth und Talent, Namens Wilhelm Cleland. Cleland hatte, als er wenig über sechzehn Jahr alt war, bei der Insurrection, welche an der Bothwellbrücke niedergeworfen wurde, die Waffen getragen. Seitdem hatte er sich durch seine Menschlichkeit und Mäßigung das Mißfallen einiger boshaften Fanatiker zugezogen. Bei der großen Masse der Presbyterianer aber stand sein Name in hohem Ansehen, denn mit der strengen Moralität und dem glühenden Eifer eines Puritaners verband er einige Vorzüge, deren sich wenige Puritaner rühmen konnten. Er besaß feine Manieren und eine achtungswerthe literarische und wissenschaftliche Bildung. Er war Linguist, Mathematiker und Dichter. Seine Hymnen, Oden, Balladen und Satiren à la Hudibras hatten allerdings wenig innern Werth; aber wenn man bedenkt, daß er fast noch ein Knabe war, als er die meisten derselben schrieb, so muß man zugeben, daß sie bedeutende natürliche Anlagen bekunden. Er war jetzt in Edinburg, sein Einfluß unter den daselbst versammelten westländischen Whigs war sehr groß, er haßte Dundee mit tödtlicher Erbitterung und man glaubte, daß er mit einem Gewaltschritt umgehe.35

Am 15. März wurde Dundee benachrichtigt, daß einige Covenanters sich gegenseitig verpflichtet hatten, ihn und Sir Georg Mackenzie, den seine lange Zeit dem Dienste der Tyrannei gewidmete Beredtsamkeit und Gelehrsamkeit den Presbyterianern verhaßter gemacht hatte als irgend einen andren Mann von der Robe, um’s Leben zu bringen. Dundee bat Hamilton um Schutz, und Hamilton rieth ihm, die Sache in der nächsten Sitzung der Convention vorzulegen.36

Schreiben von Jakob an die Convention

Vor dieser Sitzung kam ein gewisser Crane aus Frankreich mit einem Schreiben des flüchtigen Königs an die Stände. Der Brief war versiegelt und der Ueberbringer war sonderbarerweise mit keiner Abschrift versehen, um sie den Häuptern der jakobitischen Partei mitzutheilen; auch hatte er weder einen schriftlichen noch mündlichen Auftrag für einen der beiden Agenten Jakob’s. Balcarras und Dundee sahen mit großem Verdrusse, daß man ihnen so wenig Vertrauen schenkte, und quälten sich mit ängstlichen Zweifeln über den Inhalt des Schriftstückes, von dem so viel abhing. Sie waren jedoch geneigt das Beste zu hoffen. König Jakob konnte in seiner gegenwärtigen Lage nicht so schlecht berathen sein, daß er in directem Widerspruche mit den Rathschlägen und Bitten seiner Freunde hätte handeln können. Bei der Eröffnung seines Schreibens würde man sicherlich finden, daß er gnädige Zusicherungen enthielt, welche die Royalisten mit neuem Muthe beseelen und die gemäßigten Whigs gewinnen mußten. Seine Anhänger beschlossen daher, daß es vorgelegt werden solle.

Als die Convention sich am Samstag, den 16. Mai, des Morgens wieder versammelte, wurde beantragt, daß Maßregeln für die persönliche Sicherheit der Mitglieder getroffen werden sollten. Es wurde behauptet, daß man Dundee nach dem Leben getrachtet, daß zwei Männer von verdächtigem Aussehen in der Nähe des Hauses, das er bewohnte, umhergestreift seien und daß man sie habe sagen hören, sie wollten den Hund so behandeln, wie er sie behandelt habe. Mackenzie versicherte, daß auch er in Gefahr sei, und verlangte in seiner gewohnten bilderreichen und kräftigen Sprache Schutz von den Ständen. Aber die Sache wurde von der Majorität sehr leicht genommen und die Convention ging zu anderen Gegenständen der Tagesordnung über.37

Hierauf wurde Crane als Einlaß ins Parlamentshaus begehrend angemeldet. Er wurde eingeladen und das Schriftstück, dessen Ueberbringer er war, auf den Tisch niedergelegt. Hamilton bemerkte, daß sich in den Händen des Earl von Leven eine Mittheilung von dem Prinzen befinde, kraft dessen Autorität die Stände einberufen worden seien. Diese Mittheilung schien den Vorrang zu verdienen. Die Convention war gleicher Meinung und das reiflich erwogene, einsichtsvolle Schreiben Wilhelm’s wurde vorgelesen.

Dann wurde beantragt, daß auch Jakob’s Brief geöffnet werden solle. Die Whigs wendeten dagegen ein, daß derselbe möglicherweise einen Befehl zur Auflösung der Convention enthalten könne. Sie schlugen deshalb vor, daß die Stände, ehe das Siegel erbrochen würde, beschließen sollten, trotz eines solchen Befehls beisammen zu bleiben. Die Jakobiten, welche den Inhalt des Schreibens eben so wenig kannten wie die Whigs, und die Vorlesung desselben nicht erwarten konnten, gaben bereitwillig ihre Zustimmung. Es wurde ein Beschluß gefaßt, durch den die Mitglieder sich verpflichteten, jeden Befehl, der ihnen gebieten sollte auseinander zu gehen, als null und nichtig zu betrachten und so lange beisammen zu bleiben, bis sie das Werk der Sicherung der Freiheit und Religion Schottland’s durchgeführt haben würden. Dieser Beschluß wurde von fast allen anwesenden Lords und Gentlemen unterzeichnet. Auch sieben von den neuen Bischöfen unterschrieben ihn. Die eigenhändig geschriebenen Namen Dundee’s und Balcarras’ sieht man noch auf der Originalrolle. Balcarras suchte später diesen Schritt, der nach seinen Grundsätzen ohne alle Widerrede ein abscheulicher Verrath war, damit zu entschuldigen, daß er sagte, er und seine Freunde hätten sich aus Eifer für das Interesse ihres Gebieters an einer rebellischen Erklärung gegen die Autorität ihres Gebieters betheiligt, sie hätten von dem Briefe den heilsamsten Einfluß erwartet, und der Brief würde nicht geöffnet worden sein, wenn sie nicht der Majorität ein Zugeständniß gemacht hätten.

Wirkung von Jakob’s Schreiben

In wenigen Minuten wurden Balcarras’ Erwartungen bitter getäuscht. Der Brief, von dem man so viel gehofft und gefürchtet hatte, wurde mit allen den Ehren vorgelesen, welche die schottischen Parlamente königlichen Mittheilungen zu erweisen pflegten; aber jedes Wort erfüllte die Herzen der Jakobiten mit Verzweiflung. Man sah deutlich, daß das Unglück Jakob weder weise noch nachsichtig gemacht hatte. Alles athmete Hartnäckigkeit, Grausamkeit und Uebermuth. Denjenigen Verräthern, welche binnen vierzehn Tagen zu ihrer Unterthanenpflicht zurückkehrten, war Verzeihung zugesichert, allen Anderen aber mit schonungsloser Rache gedroht. Ueber frühere Vergehen war nicht nur kein Bedauern ausgedrückt, sondern der Brief selbst war ein neues Vergehen, denn er war von dem Apostaten Melfort geschrieben und contrasignirt, der nach den Gesetzen des Reichs zur Bekleidung des Amts eines Staatssekretärs nicht befähigt war und den die protestantischen Tories nicht weniger verabscheuten als die Whigs. Die ganze Versammlung gerieth in Aufruhr. Jakob’s Feinde waren laut und heftig, und seine Freunde, welche gegen ihn aufgebracht waren und sich seiner schämten, sahen ein, daß nicht mehr daran zu denken war, den Kampf in der Convention fortzusetzen. Jede Stimme, die vor der Eröffnung des Schreibens zweifelhaft gewesen, war jetzt unwiederbringlich verloren. Die Sitzung schloß unter großer Aufregung.38

Es war Samstag Nachmittag und vor Montag früh sollte keine Sitzung wieder sein. Die jakobitischen Parteiführer hielten eine Berathung und kamen zu dem Schlusse, daß ein entscheidender Schritt gethan werden müsse. Dundee und Balcarras sollten sich der ihnen ertheilten Vollmachten bedienen; die Minorität sollte sofort Edinburg verlassen und sich in Stirling versammeln. Athol stimmte bei und nahm es auf sich, ein starkes Corps seiner Clansleute aus den Hochlanden zum Schutze der Berathungen der royalistischen Convention herbeizuziehen. Alles war für den Austritt vorbereitet; aber die Langsamkeit eines Mannes und die Uebereilung eines andren zerstörten in wenigen Stunden den ganzen Plan.

Dundee’s Flucht

Der Montag kam. Die jakobitischen Lords und Gentlemen waren eben im Begriff nach Stirling aufzubrechen, als Athol einen vierundzwanzigstündigen Aufschub verlangte. Er für seine Person habe keinen Grund, sich zu beeilen. Wenn er bliebe, liefe er nicht Gefahr ermordet zu werden. Wenn er aber ginge, setze er sich den von einem Bürgerkriege unzertrennlichen Gefahren aus. Da die Mitglieder seiner Partei sich nicht von ihm trennen wollten, willigten sie in den von ihm verlangten Aufschub und begaben sich noch einmal in das Parlamentsgebäude. Nur Dundee weigerte sich, noch länger zu bleiben. Er sagte, sein Leben sei in Gefahr. Die Convention habe sich geweigert, ihn zu beschützen, und er wolle nicht bleiben, um der Zielpunkt für die Pistolen und Dolche von Meuchelmördern zu sein. Balcarras machte vergebliche Vorstellungen. „Wenn Sie allein abreisen,“ sagte er, „so wird das Aufsehen machen, und den ganzen Plan vereiteln.“ Aber Dundee blieb bei seinem Vorsatze. Tapfer, wie er unzweifelhaft war, schien er, gleich vielen anderen tapferen Männern, gegen die Gefahr eines Meuchelmords weniger gestählt zu sein als gegen jede andre Form der Gefahr. Er kannte den Haß der Covenanters, er wußte wie sehr er ihren Haß verdient hatte, und er wurde von dem Bewußtsein unsühnbarer Schuld und von der Furcht vor einer entsetzlichen Wiedervergeltung gequält, welche die Polytheisten des Alterthums unter dem furchtbaren Namen der Furien personificirten. Seine alten Reiter, die Satans und Beelzebubs, die seine Verbrechen getheilt hatten und die jetzt seine Gefahren theilten, waren bereit, ihn auf seiner Flucht zu begleiten.

Tumultuarische Sitzung der Stände

Inzwischen hatte sich die Convention wieder versammelt. Mackenzie hatte sich erhoben, und beklagte in pathetischen Ausdrücken die schlimme Lage der Stände, welche zu gleicher Zeit von den Kanonen einer Festung und von einem fanatischen Pöbel bedroht würden, als er durch einige Schildwachen unterbrochen wurde, die von den Posten in der Nähe des Schlosses herbeikamen. Sie hatten Dundee an der Spitze von funfzig Reitern auf der Straße nach Stirling gesehen. Diese Straße führte dicht an dem mächtigen Felsen vorbei, auf dem die Citadelle erbaut ist. Gordon war auf den Wällen erschienen und hatte durch ein Zeichen zu verstehen gegeben, daß er etwas zu sagen habe. Dundee war nun so hoch hinaufgeklommen, daß er hören und gehört werden konnte, und so besprach er sich eben jetzt mit dem Herzoge. Bis diesen Augenblick war der Haß, mit dem die presbyterianischen Mitglieder der Versammlung den unbarmherzigen Verfolger ihrer Glaubensbrüder betrachteten, durch die schicklichen Formen der parlamentarischen Berathung gedämpft worden. Jetzt aber erfolgte ein furchtbarer Ausbruch. Hamilton selbst, der, wie sogar seine Gegner zugaben, die Pflichten eines Präsidenten bisher mit Würde und Unparteilichkeit versehen hatte, war der Lauteste und Heftigste im Saale. „Es ist hohe Zeit“ rief er aus, „daß wir auf uns selbst denken. Die Feinde unsrer Religion und unsrer bürgerlichen Freiheit sammeln sich rings um uns, und wir dürfen wohl argwöhnen, daß sie selbst hier Complicen haben. Man verschließe die Thüren und lege die Schlüssel auf den Tisch. Niemand soll hinaus als diejenigen Lords und Gentlemen, die wir beauftragen werden, die Bürger zu den Waffen zu rufen. Es sind einige wackere Männer aus dem Westen in Edinburg, Männer, für die ich stehen kann.“ Die Versammlung erhob einen allgemeinen Ruf der Zustimmung. Mehrere Mitglieder der Majorität rühmten sich, daß auch sie zuverlässige Anhänger mitgebracht hätten, die auf den ersten Wink gegen Claverhouse und seine Dragoner ziehen würden. Alles was Hamilton vorschlug, wurde sofort ins Werk gesetzt. Die Jakobiten gaben sich schweigend und ohne Widerstand zu Gefangenen. Leven ging hinaus und gab Befehl Alarm zu schlagen. Die Covenanters von Lanarkshire und Ayrshire leisteten dem Aufrufe sofort Folge. Die so zusammengebrachte Streitmacht hatte zwar kein sehr militärisches Aussehen, genügte aber vollkommen, um die Anhänger des Hauses Stuart im Schach zu halten. Von Dundee war nichts zu hoffen oder zu fürchten. Er war schon den Schloßberg wieder herabgeklommen, zu seinen Reitern zurückgekehrt und in westlicher Richtung davongesprengt. Hamilton ließ nun die Thüren öffnen und es stand den verdächtigen Mitgliedern frei sich zu entfernen. Gedemüthigt und niedergeschmettert, aber doch froh, so wohlfeilen Kaufs davongekommen zu sein, stahlen sie sich durch den Haufen finstrer Fanatiker, welcher High Street füllte. An eine Lostrennung war nun nicht mehr zu denken.39

Am folgenden Tage wurde beschlossen, daß das Königreich in Vertheidigungsstand gesetzt werden solle. Die Einleitung zu diesem Beschlusse enthielt eine strenge Rüge der Perfidie des Verräthers, der wenige Stunden nachdem er durch eine eigenhändig unterschriebene Erklärung sich verpflichtet, seinen Posten in der Convention nicht zu verlassen, das Beispiel der Desertion und das Signal zum Bürgerkriege gegeben hatte. Alle Protestanten vom sechszehnten bis zum sechzigsten Lebensjahre erhielten die Weisung sich bereit zu halten, um beim ersten Aufrufe unter die Waffen zu treten, und damit sich Niemand mit Unkenntniß entschuldigen konnte, wurde die öffentliche Verlesung des Edicts auf allen Marktplätzen des ganzen Königreichs angeordnet.40

Die Stände beschlossen hierauf, ein Danksagungsschreiben an Wilhelm zu richten. Diesem Briefe waren die Unterschriften vieler Edelleute und Gentlemen beigefügt, die zur Partei des verbannten Königs gehörten. Die Bischöfe aber weigerten sich einstimmig, ihre Namen darunter zu setzen.

Ein Ausschuß zur Entwerfung eines Regierungsplanes ernannt

Es war bei den schottischen Parlamenten seit langer Zeit Brauch, die Entwerfung von Gesetzen und Verordnungen einer Auswahl von Mitgliedern zu übertragen, welche die Artikellords genannt wurden. In Gemäßheit dieses Brauchs wurde jetzt ein Ausschuß von Vierundzwanzig beauftragt, einen Entwurf zur Feststellung der Regierung auszuarbeiten. Von diesen Vierundzwanzig waren Acht Peers, Acht Vertreter von Grafschaften und Acht Abgeordnete von Städten. Die Majorität des Ausschusses waren Whigs und es befand sich kein einziger Prälat darin.

Der durch eine Reihenfolge von Unfällen gebrochene Muth der Jakobiten wurde durch die Ankunft des Herzogs von Queensberry aus London auf einen Augenblick wieder gehoben. Er war ein Mann von hohem Range und großem Einflusse und sein Character war gut im Vergleich zu dem Character Derer, die ihn umgaben. Als der Papismus die Oberhand hatte, war er der Sache der protestantischen Kirche treu geblieben, und seitdem der Whiggismus das Uebergewicht erlangt, war er ein treuer Anhänger der erblichen Monarchie geblieben. Einige waren der Meinung, daß er dem Hause Stuart wichtige Dienste hätte leisten können, wenn er früher auf seinem Platze gewesen wäre.41 Selbst jetzt brachten die Belebungsmittel, die er bei seiner erstarrten und schwachen Partei anwendete, einige matte Symptome wiederkehrenden Muthes hervor. Man fand Mittel, um sich mit Gordon in Verbindung zu setzen und er wurde dringend aufgefordert, auf die Stadt zu feuern. Die Jakobiten hofften, daß, sobald die Kanonenkugeln einige Schornsteine zertrümmert, die Stände nach Glasgow übersiedeln würden. So wurde Zeit gewonnen und die Royalisten konnten vielleicht ihren alten Plan, zu einer Separatconvention zusammenzutreten, noch ausführen. Gordon weigerte sich jedoch entschieden, auf keine bessere Gewähr als die Aufforderung einer kleinen Kabale, eine so schwere Verantwortlichkeit auf sich zu nehmen.42

Inzwischen hatten die Stände eine Schutzmacht, auf die sie sich fester verlassen konnten als auf die undisciplinirten und ungestümen Covenanters aus dem Westen. Ein Geschwader englischer Kriegsschiffe aus der Themse war in der Mündung des Forth angekommen. Dieses Geschwader hatte die drei schottischen Regimenter an Bord, welche Wilhelm aus Holland herüber begleitet. Er hatte sie mit weiser Einsicht ausgewählt, die Versammlung zu beschützen, welche die Regierung ihres Vaterlandes feststellen sollte, und damit dem im Punkte der Nationalehre ungemein empfindlichen Volke kein Grund zur Eifersucht gegeben werden möge, hatte er alle holländischen Soldaten aus den Gliedern entfernt und dadurch die Zahl der Mannschaften auf ungefähr elfhundert reducirt. Dieses kleine Truppencorps wurde commandirt von Andreas Mackay, einen Hochländer von vornehmer Abkunft, der lange auf dem Continent gedient hatte und der sich durch einen unerschütterlichen Muth und durch eine Frömmigkeit auszeichnete, wie man sie bei Soldaten des Zufalls selten findet. Die Convention faßte einen Beschluß, durch den sie Mackay zum Oberbefehlshaber ihrer Streitkräfte ernannte. Als über diesen Beschluß die Vorfrage gestellt wurde, bat der Erzbischof von Glasgow, der wahrscheinlich nicht Lust hatte, sich an einer solchen widerrechtlichen Anmaßung von Befugnissen zu betheiligen, welche dem Könige allein zustanden, daß man die Prälaten von der Abstimmung entbinden möchte. Geistliche, sagte er, hätten mit militärischen Maßregeln nichts zu schaffen. „Die Väter der Kirche,“ entgegnete ein Mitglied in sehr nachdrücklichem Tone, „sind seit kurzem mit einen neuem Lichte beglückt worden. Ich habe selbst militärische Befehle gesehen, welche von dem Hochwürdigen unterzeichnet waren, der jetzt plötzlich so scrupulös geworden ist. Allerdings waltete ein Unterschied ob: jene Befehle hatten den Zweck die Protestanten dem Säbelregimente preis zu geben, während der vorliegende Beschluß uns gegen die Papisten schützen soll.“43

Die Ankunft der Truppen Mackay’s und der Entschluß Gordon’s, unthätig zu bleiben, brach den Muth der Jakobiten. Es blieb ihnen in der That nur noch eine Aussicht. Durch Anschluß an diejenigen Whigs, welche zu einer Union mit England geneigt waren, konnten sie die Festsetzung der Regierung vielleicht noch um längere Zeit verzögern. Es wurde zu dem Ende wirklich eine Unterhandlung eingeleitet, aber bald wieder abgebrochen. Denn es zeigte sich bald, daß die für Jakob eingenommene Partei in Wirklichkeit der Union abgeneigt und daß die für die Union eingenommene Partei in Wirklichkeit Jakob feindlich gesinnt war. Da somit diese beiden Parteien kein gemeinsames Ziel verfolgten, so konnte aus einer Coalition zwischen ihnen nichts weiter hervorgehen, als daß eine von beiden das Werkzeug der andren geworden wäre. Die Unionsfrage kam daher gar nicht zur Sprache.44 Einige Jakobiten zogen sich auf ihre Landsitze zurück, andere blieben zwar in Edinburg, zeigten sich aber nicht mehr im Parlamentsgebäude, viele schlugen sich auf die überwiegende Seite, und als endlich die von den Vierundzwanzig entworfenen Beschlüsse der Convention vorgelegt wurden, zeigte es sich, daß die Partei, die sich am ersten Sessionstage um Athol geschaart hatte, auf Null zusammengeschmolzen war.

Vom Ausschuß vorgeschlagene Beschlüsse

Die Beschlüsse waren so weit möglich in Einklang mit dem kürzlich zu Westminster gegebenen Beispiele entworfen. In einem wichtigen Punkte jedoch mußte die Copie nothwendig von dem Originale abweichen. Die Stände von England hatten zwei Anklagen gegen Jakob erhoben: seine schlechte Verwaltung und seine Flucht, und hatten durch Anwendung des milderen Wortes „Abdankung“ zu einigem Nachtheil für die Genauigkeit im Ausdruck die Frage umgangen, ob Unterthanen gesetzlich befugt sind, einen schlechten Fürsten abzusetzen. Diese Frage konnten die Stände Schottland’s nicht umgehen. Sie konnten nicht sagen, Jakob habe seinen Posten verlassen, denn er hatte seit seiner Thronbesteigung nie in Schottland residirt. Seit vielen Jahren wurde dieses Königreich von Souverainen regiert, die in einem andren Lande wohnten. Die ganze Verwaltungsmaschine war nach der Voraussetzung construirt, daß der König abwesend sein würde und sie wurde daher durch die Flucht, welche im Süden der Insel alle Regierung aufgelöst und den ordentlichen Gang der Rechtspflege unterbrochen hatte, nicht nothwendigerweise in Unordnung gebracht. Wenn der König in Whitehall war, konnte er nur schriftlich mit dem Staatsrathe und dem Parlamente zu Edinburg verkehren, und das konnte er auch, wenn er in Saint-Germains oder Dublin war. Die Vierundzwanzig waren daher gezwungen, den Ständen eine Resolution vorzuschlagen, welche bestimmt erklärte, daß Jakob VII. durch sein Mißverhalten die Krone verwirkt habe. Viele Schriftsteller haben aus dem Wortlaute dieser Resolution gefolgert, daß gesunde politische Prinzipien in Schottland weiter vorgeschritten gewesen seien als in England. Aber die ganze Geschichte der beiden Länder von der Restauration bis zur Union beweist, daß dieser Schluß falsch ist. Die schottischen Stände bedienten sich ganz einfach deshalb einer offenen Sprache, weil es ihnen in ihrer Lage unmöglich war, sich einer ausweichenden Sprache zu bedienen.

Der Mann, der bei Entwerfung des Beschlusses und bei der Vertheidigung desselben die Hauptrolle spielte, war Sir Johann Dalrymple, der vor kurzem das hohe Amt des Lord Advokaten bekleidet und der an mehreren von den Uebelthaten Theil genommen hatte, über die er jetzt mit großer logischer und rhetorischer Schärfe den Stab brach. Er wurde kräftig unterstützt durch Sir Jakob Montgomery, Mitglied für Ayrshire, einem Manne von bedeutendem Talent, aber lockeren Grundsätzen, ungestümem Wesen, unersättlicher Habgier und unversöhnlicher Bosheit. Der Erzbischof von Glasgow und Sir Georg Mackenzie sprachen auf der andren Seite, aber sie bewirkten durch ihre Beredtsamkeit nichts weiter als daß sie ihre Partei des Vortheils beraubten, geltend machen zu können, daß die Stände unter einem Zwange ständen und daß die Redefreiheit den Vertheidigern der erblichen Monarchie versagt worden sei.

Als die Vorfrage gestellt wurde, entfernten sich Athol, Queensberry und einige ihrer Freunde. Nur fünf Mitglieder stimmten gegen den Beschluß, welcher erklärte, daß Jakob sein Recht auf die Treue seiner Unterthanen verwirkt habe. Als der Antrag gestellt wurde, daß mit der Krone von Schottland ebenso verfahren werden sollte, wie mit der Krone von England, erschienen Athol und Queensberry wieder im Sitzungssaale. Sie sagten, sie seien im Zweifel gewesen, ob sie füglicherweise den Thron für erledigt erklären könnten. Da er aber für erledigt erklärt worden sei, zweifelten sie nicht, daß Wilhelm und Marie Diejenigen waren, die ihn einnehmen müßten.

Wilhelm und Marie proklamirt

Die Convention begab sich hierauf in Procession in die High Street. Mehrere vornehme Edelleute bestiegen in Begleitung des Lord Provost und der Herolde den achteckigen Thurm, von welchem das Stadtkreuz mit dem schottischen Einhorn auf der Spitze emporragte.45 Hamilton verlas den Beschluß der Convention und ein Wappenherold proklamirte unter Trompetenschall die neuen Souveraine. An demselben Tage erließen die Stände eine Verordnung des Inhalts, daß die Parochialgeistlichen, bei Strafe der Amtsentsetzung, von ihren Kanzeln herab die Proklamation, welche so eben am Stadtkreuze verlesen worden, bekannt machen und für König Wilhelm und Königin Marien beten sollten.

Die Rechtsforderung

Noch war das Interregnum nicht vorüber. Obwohl die neuen Souveraine proklamirt waren, waren sie doch noch nicht durch ein formelles Anerbieten und durch eine formelle Annahme in den Besitz der königlichen Autorität gesetzt worden. Es wurde in Edinburg, wie in Westminster, für nöthig gehalten, daß die Urkunde über die Feststellung der Regierung die Volksrechte, welche die Stuarts ungesetzlicherweise mißachtet hatten, klar definiren und feierlich bekräftigen solle. Die Vierundzwanzig entwarfen daher eine Rechtsforderung (Claim of Right), welche die Convention annahm. Dieser Rechtsforderung, welche nichts weiter als eine Erklärung des bestehenden Gesetzes bezweckte, war eine Ergänzungsschrift beigefügt, die eine Liste von Mißständen enthielt, denen nur durch neue Gesetze abgeholfen werden konnte.

Abschaffung des Episkopats

Einen hochwichtigen Artikel, den wir naturgemäß an der Spitze einer solchen Liste zu sehen erwarten sollten, nahm die Convention mit großer praktischer Einsicht, aber notorischen Thatsachen und unwiderleglichen Argumenten zum Trotz, in die Rechtsforderung selbst auf. Niemand konnte leugnen, daß die Prälatur durch eine Parlamentsacte eingeführt war. Die Gewalt, welche die Bischöfe ausübten, konnte schädlich, schriftwidrig, antichristlich sein, aber ungesetzlich war sie gewiß nicht, und sie für ungesetzlich erklären, hieß dem gesunden Verstande ins Gesicht schlagen. Die Whigführer wünschten jedoch viel sehnlicher, das Episkopat loszuwerden, denn sich als ausgezeichnete Publicisten und Logiker zu erweisen. Wenn sie die Abschaffung des Episkopats zu einem Artikel des Vertrags machten, kraft dessen Wilhelm die Krone tragen sollte, so erreichten sie ihren Zweck, wenn auch ohne Zweifel auf eine Weise, welche der Kritik starke Blößen gab. Begnügten sie sich dagegen zu beschließen, daß das Episkopat eine schädliche Institution sei, welche früher oder später abzuschaffen die Legislatur wohl thun werde, so konnten sie finden, daß ihr Beschluß zwar in formeller Hinsicht keine Einwendung zuließ, doch unfruchtbar an Consequenzen war. Sie wußten, daß Wilhelm keineswegs mit ihrer Abneigung gegen die Bischöfe sympathisirte und daß, selbst wenn er für das calvinistische Vorbild weit mehr eingenommen gewesen wäre, als er es war, sein Verhältniß zu der anglikanischen Kirche es für ihn schwierig und gefährlich gemacht haben würde, sich zum Feinde eines Grundbestandtheils der Verfassung dieser Kirche zu erklären. Wenn er König von Schottland wurde, ohne in diesem Punkte durch eine Zusicherung gebunden zu sein, so konnte man wohl fürchten, daß er zögern würde, eine Acte zu erlassen, welche von einem großen Theile seiner Unterthanen im Süden der Insel mit Abscheu betrachtet werden würde. Es war daher sehr zu wünschen, daß die Frage erledigt wurde, so lange der Thron noch unbesetzt war. In dieser Ansicht stimmten viele Politiker überein, die zwar keinen Widerwillen gegen Chorhemden und Bischofsmützen hegten, die aber wünschten, daß Wilhelm eine ruhige und gedeihliche Regierung haben möchte. Das schottische Volk – so räsonnirten diese Leute – haßte das Episkopat. Das englische Volk liebte es. Wilhelm eine Stimme in dieser Angelegenheit lassen, hieße ihn in die Nothwendigkeit versetzen, die stärksten Gefühle einer der Nationen, die er regierte, zu verwunden. Es liege daher offenbar in seinem eignen Interesse, daß die Frage, die er selbst in keiner Weise erledigen könnte, ohne sich schwere Vorwürfe zuzuziehen, anstatt seiner durch Andere erledigt würde, die einer solchen Gefahr nicht ausgesetzt wären. Er sei noch nicht Beherrscher von Schottland. Während der Dauer des Interregnums gehöre die höchste Gewalt den Ständen und für das was die Stände thun möchten, könnten die Prälatisten seines südlichen Königreichs ihn nicht verantwortlich machen. Der ältere Dalrymple schrieb aus London eindringlich in diesem Sinne, und es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß er die Gesinnungen seines Gebieters ausdrückte. Wilhelm würde sich aufrichtig gefreut haben, wenn die Schotten mit einem modificirten Episkopat hätten ausgesöhnt werden können. Da dies aber nicht sein könne, so sei es offenbar wünschenswerth, daß sie, so lange noch kein König über ihnen stehe, selbst das unwiderrufliche Verdammungsurtheil über die Institution aussprächen, die sie verabscheuten.46

Die Convention nahm daher wie es scheint, nach kurzer Debatte in die Rechtsforderung eine Klausel auf, welche erklärte, daß die Prälatur eine unerträgliche Last für das Königreich, daß sie der großen Masse des Volks seit langer Zeit verhaßt sei und daß sie abgeschafft werden müsse.

Die Folter

Nichts in den Vorgängen zu Edinburg setzt einen Engländer mehr in Erstaunen, als das Verfahren der Stände in Bezug auf die Tortur. In England war die Folter stets gesetzwidrig gewesen. Selbst in den servilsten Zeiten hatten die Richter sie einstimmig dafür erklärt. Die Herrscher, welche gelegentlich ihre Zuflucht zu derselben genommen, hatten sie so weit möglich im Geheimen angewendet, hatten nie behauptet, daß sie im Einklange mit dem Staatsgesetz oder mit dem gemeinen Recht gehandelt und hatten sich damit entschuldigt, daß sie sagten, die außerordentliche Gefahr, der der Staat ausgesetzt sei, habe sie gezwungen, die Verantwortlichkeit für außerordentliche Vertheidigungsmittel auf sich zu nehmen. Kein englisches Parlament hatte es daher je für nöthig gehalten, eine Acte oder einen Beschluß in Bezug auf diesen Gegenstand zu erlassen. Die Tortur war weder in der Bitte um Recht noch in irgend einem von dem Langen Parlament entworfenen Gesetze erwähnt. Kein Mitglied der Convention von 1689 dachte daran vorzuschlagen, daß die Urkunde, welche den Prinzen und die Prinzessin von Oranien auf den Thron berief, eine Erklärung gegen die Anwendung von Folterbänken und Daumenschrauben zu dem Zwecke, Gefangene zur Selbstanklage zu zwingen, enthalten solle. Eine solche Erklärung würde mit Recht eher als eine Schwächung denn als Kräftigung einer Regel betrachtet worden sein, welche schon zu den Zeiten der Plantagenets von den berühmteren Weisen von Westminsterhall mit Stolz für einen unterscheidenden Zug der englischen Rechtswissenschaft erklärt worden war.47 In der schottischen Rechtsforderung wurde die Anwendung der Tortur, ohne Beweis, oder in gewöhnlichen Fällen, für gesetzwidrig erklärt. Daraus ergiebt sich folgerichtig, daß die Tortur in Fällen wo starker Beweis vorhanden war oder wo ein außerordentliches Verbrechen vorlag, für gesetzmäßig erklärt war; auch führten die Stände die Tortur nicht unter den Mißbräuchen auf, welche gesetzliche Abhülfe erheischten. In der That, sie konnten die Tortur nicht verdammen, ohne sich selbst zu verdammen. Der Zufall wollte, daß, während sie sich mit der Feststellung der Regierung beschäftigten, der beredte und gelehrte Lord-Präsident Lockhardt, als er eines Sonntags aus der Kirche kam, auf offener Straße ermordet wurde. Der Mörder ward ergriffen und erwies sich als ein Elender, der, nachdem er seine Gattin barbarisch behandelt und aus dem Hause geworfen, durch ein Decret des Court of Session gezwungen worden war, für ihren Unterhalt zu sorgen. Ein wüthender Haß gegen die Richter, die sie in Schutz genommen, hatte sich seiner bemächtigt und ihn zu einem entsetzlichen Verbrechen und einem entsetzlichen Schicksale getrieben. Es war natürlich, daß eine von so erschwerenden Umständen begleitete Mordthat den Unwillen der Mitglieder der Convention erregte. Gleichwohl hätten sie den kritischen Ernst des Augenblicks und die Wichtigkeit ihrer Mission bedenken sollen. Leider aber befahlen sie in der Hitze der Leidenschaft dem Magistrate von Edinburg, den Gefangenen die spanischen Stiefeln anzulegen, und ernannten einen Ausschuß zur Beaufsichtigung der Operation. Hätte dieser unselige Vorfall nicht stattgefunden, so ist es wahrscheinlich, daß das schottische Gesetz bezüglich der Tortur ohne weiteres dem englischen Gesetze assimilirt worden wäre.48

Nach Feststellung der Rechtsforderung schritt die Convention zur Revision des Krönungseides. Als dies gethan war, wurden drei Mitglieder ernannt, welche die Regierungsurkunde nach London bringen sollten. Argyle, obwohl streng genommen dem Sinne des Gesetzes nach kein Peer, wurde zum Vertreter der Peers gewählt; Sir Jakob Montgomery repräsentirte die Deputirten der Grafschaften, und Sir Johann Dalrymple die der Städte.

Hierauf vertagten sich die Stände auf einige Wochen, nachdem sie noch einen Beschluß gefaßt hatten, welcher Hamilton ermächtigte diejenigen Maßregeln zu ergreifen, die zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe bis zum Schlusse des Interregnums nothwendig erscheinen könnten.

Wilhelm und Marie nehmen die Krone Schottland’s an

Die Ceremonie der Inauguration unterschied sich von gewöhnlichen Feierlichkeiten dieser Art durch einige höchst interessante Umstände. Am 11. Mai kamen die drei Commissare in das Berathungszimmer zu Whitehall und begaben sich von dort, begleitet von fast allen zur Zeit in London anwesenden vornehmen Schotten, nach dem Bankethause. Hier saßen Wilhelm und Marie unter einem Baldachin. Ein glänzender Kreis von englischen Edelleuten und Staatsmännern umgab den Thron; den Staatsdegen aber trug ein schottischer Lord und der Amtseid wurde nach schottischem Brauch abgenommen, Argyle sagte die Formel langsam vor und das königliche Paar sprach sie nach bis zu dem letzten Satze. Hier hielt Wilhelm inne. Dieser Satz enthielt das Versprechen, daß er alle Ketzer und alle Feinde der wahren Gottesverehrung ausrotten wolle, und es war notorisch, daß in den Augen vieler Schotten nicht nur alle Katholiken, sondern auch alle protestantischen Episkopalen, alle Independenten, Baptisten und Quäker, alle Lutheraner, ja selbst alle britischen Presbyterianer, die sich durch den feierlichen Bund und Covenant nicht gebunden glaubten, Feinde der wahren Gottesverehrung waren.49 Der König hatte die Commissare darauf aufmerksam gemacht, daß er diesen Theil des Eides nicht ohne eine bestimmte und öffentliche Erklärung leisten könne, und sie waren von der Convention autorisirt worden, eine Erklärung zu geben, die ihn befriedigen würde. „Ich mag mich,“ sagte er jetzt, „in keiner Weise verpflichten, ein Verfolger zu sein.“ – „Weder die Worte dieses Eides,“ entgegnete hierauf einer der Commissare, „noch die Gesetze Schottland’s legen Eurer Majestät eine solche Verpflichtung auf.“ – „In diesem Sinne schwöre ich denn,“ versetzte Wilhelm, „und ich ersuche Sie alle, Mylords und Gentlemen, zu bezeugen, daß ich dies thue.“ Selbst seine Verleumder haben allgemein zugegeben, daß er bei dieser hochwichtigen Gelegenheit mit Freimüthigkeit, Würde und Weisheit handelte.50

Unzufriedenheit der Covenanters

Als König von Schottland sah er sich bald bei jedem Schritte von allen den Schwierigkeiten, mit denen er als König von England zu kämpfen gehabt, und auch noch von anderen Schwierigkeiten umringt, die in England glücklicherweise unbekannt waren. Im Norden der Insel war keine Klasse unzufriedener mit der Revolution als die Klasse, die der Revolution am meisten verdankte. Die Art und Weise, wie die Convention die Frage der Kirchenverfassung entschieden, hatte den Bischöfen selbst nicht mehr mißfallen als den heftigen Convenanters, welche trotz Schwert und Carabiner, trotz Folter und Galgen ihren Schöpfer lange nach ihrer Art in Höhlen und auf Bergspitzen verehrt hatten. Habe man jemals, riefen diese Zeloten aus, ein solches Schwanken zwischen zwei Meinungen, eine solche Annäherung zwischen dem Herrn und Baal gesehen? Die Stände hätten sagen sollen, das Episkopat sei in den Augen Gottes ein Greuel und sie seien aus Gehorsam gegen sein Wort und aus Furcht vor seiner gerechten Strafe entschlossen, gegen diese große nationale Sünde und Schmach so aufzutreten wie die heiligen Regenten, welche die Haine und Altäre Chamos’ und Astarte’s zerstörten. Leider werde Schottland nicht durch fromme Josias, sondern durch sorglose Gallios regiert. Die antichristliche Hierarchie müsse abgeschafft werden, nicht weil sie eine Beleidigung des Himmels sei, sondern weil sie auf Erden als eine drückende Last gefühlt werde, nicht weil sie dem großen Oberhaupte der Kirche, sondern weil sie dem Volke verhaßt sei. Sei denn die öffentliche Meinung der Prüfstein für Recht und Unrecht in der Religion? Müsse nicht die Ordnung, welche Christus in seinem eigenen Hause eingeführt, in allen Ländern und durch alle Zeiten heilig gehalten werden? Und sei für die Festhaltung dieser Ordnung in Schottland kein andrer Grund vorhanden als der, welcher mit gleichem Gewicht für die Aufrechthaltung der Prälatur in England, des Papstthums in Spanien und des Muhamedanismus in der Türkei geltend gemacht werden könne? Warum erwähne man nichts von den Convenants, welche die Nation so allgemein unterschrieben und so allgemein verletzt habe? Warum erkläre man nicht deutlich und bestimmt, daß die in diesen Urkunden niedergelegten Versprechungen noch immer für das Königreich bindend seien und bis ans Ende aller Zeiten bindend bleiben würden? Sollten diese Wahrheiten aus Rücksicht gegen die Gefühle und Interessen eines Fürsten unterdrückt werden, der Alles für Alle sei, ein Bundesgenosse des götzendienerischen Spaniers und des lutherischen Dänen, ein Presbyterianer im Haag und ein Prälatist in Whitehall? Er habe allerdings, wie einst Jehu, in soweit gut gethan, daß er die Geißel des götzendienerischen Hauses Ahab’s geworden sei. Aber auch er sei, wie Jehu, nicht darauf bedacht gewesen, von ganzem Herzen den Pfad des göttlichen Gesetzes zu wandeln, sondern habe Gottlosigkeiten geduldet und verübt, die sich nur der Größe nach von denen unterschieden, zu deren Feinde er sich erklärt habe. Es würde gottesfürchtigen Senatoren besser geziemt haben, ihm Vorstellungen zu machen über die Sünde, die er begehe, indem er sich dem anglikanischen Ritus anschließe und die anglikanische Kirchenverfassung aufrechterhalte, anstatt ihm durch Anwendung von Phrasen zu schmeicheln, welche verriethen, daß sie eben so sehr vom Erastianismus angesteckt seien wie er. Viele von Denen, welche diese Sprache führten, weigerten sich irgend einen Schritt zu thun, der als eine Anerkennung der neuen Souveraine ausgelegt werden konnte, und sie hätten lieber ganze Glieder von Musketieren auf sich feuern oder sich über dem Niveau der Ebbe an Pfähle anbinden lassen, als daß sie Gott gebeten hätten, Wilhelm und Marien zu segnen.

Ministerielle Einrichtungen in Schottland

Indessen hatte der König von dem hartnäckigen Festhalten dieser Leute an ihren abgeschmackten Grundsätzen weniger zu fürchten als von dem Ehrgeiz und der Habsucht einer andren Sorte von Menschen, welche gar keine Grundsätze hatten. Es war nothwendig, daß er unverzüglich Minister ernannte, welche die Regierung Schottland’s leiteten, und er mochte dazu ernennen wen er wollte, so mußte er nothwendig eine Menge von Expectanten in ihren Erwartungen täuschen und sie dadurch erbittern. Schottland war eines der ärmsten Länder Europa’s; dennoch aber besaß kein Land in Europa eine größere Anzahl gewandter und selbstsüchtiger Politiker. Die Krone hatte nicht genug Stellen zu vergeben, um nur ein Zwanzigstel der Stellenjäger zu befriedigen, von denen jeder glaubte, daß er hervorragende Dienste geleistet habe und daß man sich seiner vorzugsweise erinnern müsse. Wilhelm that sein Möglichstes, um diese zahllosen und unersättlichen Aspiranten zu befriedigen, indem er viele Aemter Commissionen übertrug. Einige wichtige Posten konnte er jedoch nicht theilen.

Hamilton

Hamilton wurde zum Lord Obercommissar ernannt, in der Hoffnung, daß ein enormer Gehalt, eine Wohnung in Holyrood Palace und eine fast königliche Pracht und Würde ihn zufriedenstellen würden.

Crawford

Der Earl von Crawford ward zum Präsidenten des Parlaments ernannt, und man glaubte, daß diese Ernennung die strengen Presbyterianer befriedigen werde, denn Crawford war was sie einen Bekenner nannten. Seine Briefe und Reden sind, um sich seines eignen Ausdrucks zu bedienen, ungemein lieblich. Unter den hervorragenden Politikern der damaligen Zeit hatte er allein, oder doch fast allein, den Styl beibehalten, der unter der vorhergehenden Generation im Schwunge gewesen war. Er hatte für jede Gelegenheit eine Stelle aus dem Alten Testament bereit. Er füllte seine Depeschen mit Anspielungen auf Ismael und Hagar, Hanna und Eli, Elisa, Nehemia und Zerubabel und schmückte seine Reden mit Citaten aus Esra und Haggai. Ein Umstand, der den Mann und die Schule, in der er gebildet war, auffallend characterisirt, ist der, daß in der ganzen Masse seiner auf uns gekommenen Schriften nicht ein einziges Wort vorkommt, welches darauf hindeutete, daß er je in seinem Leben vom Neuen Testament etwas gehört hätte. Selbst noch in unsrer Zeit sind Leute von eigenthümlicher Geschmacksrichtung durch seine salbungsvolle Sprache so entzückt worden, daß sie ihn allen Ernstes für einen Heiligen erklärt haben. In den Augen Derer, welche die Menschen mehr nach ihren Thaten als nach ihren Worten zu beurtheilen pflegen, wird Crawford als ein egoistischer und grausamer Politiker erscheinen, der sich durch sein Gewinsel keineswegs dupiren ließ und dessen Eifer gegen die bischöfliche Kirchenverfassung nicht wenig durch das Verlangen nach bischöflichen Gütern angespornt wurde. Zur Entschuldigung seiner Habgier muß man sagen, daß er der ärmste Adelige eines armen Adels war und daß er vor der Revolution zuweilen nicht wußte, wo er eine Mahlzeit und einen Anzug hernehmen sollte.51

Die Dalrymple. – Lockhart

Der befähigtste der schottischen Politiker und Wettkämpfer, Sir Johann Dalrymple, wurde zum Lord Advokaten ernannt. Sein Vater, Sir Jakob, der größte schottische Jurist, wurde an die Spitze des Court of Session gestellt. Sir Wilhelm Lockhart, ein Mann, dessen Briefe beweisen, daß er ein bedeutendes Talent besaß, wurde Generalprokurator.

Montgomery

Sir Jakob Montgomery hatte sich mit der Hoffnung geschmeichelt, erster Minister zu werden. Er hatte sich in der Convention sehr ausgezeichnet und war einer der Commissare gewesen, welche den neuen Souverainen die Krone überreicht und den Eid abgenommen hatten. An parlamentarischer Geschicklichkeit und Beredtsamkeit stand unter seinen Landsleuten Keiner über ihm, außer dem neuen Lord Advokaten. Das Staatssekretariat war, wenn auch nicht in Ansehen, so doch dem wirklichen Einflusse nach das höchste Amt bei der schottischen Regierung, und dieses Amt war der Lohn, auf welchen Montgomery gerechten Anspruch zu haben glaubte. Aber die Episkopalen und die gemäßigten Presbyterianer fürchteten ihn als einen Mann von extremen Ansichten und rachsüchtigem Character. Er war ein Oberhaupt der Covenanters gewesen, war einmal wegen Conventikelhaltens, ein andermal wegen Beherbergung von Rebellen zur Untersuchung gezogen worden, war mit Geldbußen und Gefängniß bestraft und fast dazu getrieben worden, jenseit des atlantischen Meeres in der jungen Colonie New Jersey eine Zuflucht vor seinen Feinden zu suchen. Man fürchtete daher, daß, wenn er jetzt die ganze Gewalt der Krone in seine Hände bekäme, er furchtbare Wiedervergeltung für die erduldeten Leiden üben würde.52

Melville

Wilhelm zog deshalb Melville vor, der zwar kein Mann von ausgezeichneten Talenten, aber von den Presbyterianern als ein entschiedener Freund und doch von den Episkopalen nicht als ein unversöhnlicher Feind betrachtet wurde. Melville nahm seinen Wohnsitz am englischen Hofe und wurde das ordentliche Communicationsorgan zwischen Kensington und den Autoritäten von Edinburg.

Carstairs

Wilhelm hatte jedoch einen schottischen Rathgeber, der mehr Einfluß verdiente und besaß als irgend einer der ostensiblen Minister. Dies war Carstairs, einer der bedeutendsten Männer der damaligen Zeit. Er verband eine umfassende wissenschaftliche Bildung, eine große Befähigung für Staatsgeschäfte, und den festen Glauben und glühenden Eifer eines Märtyrers mit der Klugheit und Geschmeidigkeit eines vollendeten Staatsmannes. In Bezug auf Muth und Treue glich er Burnet, aber er besaß das was Burnet fehlte: Urtheilsgabe, Selbstbeherrschung und eine seltene Verschwiegenheit. Es gab keinen Posten, den er nicht hätte erreichen können, wenn er ein Laie oder ein Priester der englischen Kirche gewesen wäre. Aber ein presbyterianischer Geistlicher durfte nicht hoffen, weder im Norden noch im Süden der Insel zu einer hohen Würde zu gelangen. Carstairs mußte sich mit der factischen Macht begnügen und den Anschein derselben Anderen überlassen. Er wurde zum Kaplan Ihrer Majestäten für Schottland ernannt; wo sich aber der König aufhalten mochte, ob in England, oder in Irland, oder in den Niederlanden, da war auch dieser zuverlässigste und klügste aller Höflinge. Des Königs Güte gewährte ihm ein bescheidenes Auskommen, und mehr verlangte er nicht. Aber es war wohl bekannt, daß er ein eben so nützlicher Freund und ein eben so furchtbarer Feind sein konnte als irgend ein Mitglied des Cabinets, und man hatte ihm in den Bureaux und in den Vorzimmern des Palastes den sehr bezeichnenden Beinamen des Cardinals gegeben.53

Bildung des Clubs; Annandale, Roß

Montgomery wurde das Amt des Lord Justice Clerk angeboten. Aber dieser obgleich hohe und ehrenvolle Posten schien ihm seiner Verdienste und seiner Talente unwürdig und er kehrte von London nach Schottland zurück, das Herz von Haß gegen seinen undankbaren Gebieter und gegen seine glücklichen Nebenbuhler erfüllt. In Edinburg unterwarf sich ein Häuflein Whigs, welche durch die neuen Einrichtungen eben so schmerzlich in ihren Erwartungen getäuscht worden waren wie er selbst, bereitwillig der Leitung eines so kühnen und geschickten Führers. Unter seiner Direction bildeten diese Männer, unter denen der Earl von Annandale und Lord Roß die bedeutendsten waren, einen Verein, der Club genannt, wählten einen Schriftführer und kamen täglich in einer Taverne zusammen, um Oppositionspläne zu berathen. Um diesen Kern schaarte sich bald eine große Anzahl ehrsüchtiger und erbitterter Politiker.54 Mit diesen unredlichen Unzufriedenen, die keinen andren Zweck hatten, als der Regierung zu schaden und Stellen zu erhaschen, verbanden sich andere Mißvergnügte, welche im Laufe eines langen Widerstandes gegen Tyrannei so verderbt und reizbar geworden waren, daß sie selbst unter der mildesten und constitutionellsten Regierung nicht zufrieden leben konnten.

Hume

Ein solcher Mann war Sir Patrick Hume. Er war aus dem Exil ebenso streitsüchtig, ebenso unlenksam, ebenso neidisch auf jede höhere Autorität und als ein ebenso leidenschaftlicher Redner zurückgekehrt, wie er vier Jahre früher gewesen, und er wünschte eben so sehr Wilhelm zu einem bloß nominellen Souverain zu machen, als er früher gewünscht hatte, Argyle zu einem bloß nominellen Anführer zu machen.55

Fletcher von Saltoun

Ein in moralischer und geistiger Hinsicht hoch über Hume stehender Mann, Fletcher von Saltoun, gehörte ebenfalls zu dieser Partei. Obwohl nicht Mitglied der Convention, war er doch ein sehr thätiges Mitglied des Clubs.56 Er haßte die Monarchie und auch die Demokratie; sein Lieblingsplan war, Schottland zu einer oligarchischen Republik zu machen. Der König, wenn nun einmal ein König sein müsse, sollte eine bloße Puppe sein. Die niederste Klasse des Volks sollte leibeigen und die ganze legislative wie executive Gewalt in den Händen des Parlaments sein. Mit anderen Worten: das Land sollte durch einen Erbadel, den ärmsten, stolzesten und streitsüchtigsten in Europa, unumschränkt regiert werden. Unter einer solchen Regierung konnte weder von Freiheit noch von Ruhe die Rede sein. Handel, Industrie und Wissenschaft würden eingegangen und Schottland ein kleines Polen geworden sein mit einer Puppe als Souverain, einem stürmischen Reichstage und einem geknechteten Volke. Mit unglücklichen Amtscandidaten und mit ehrlichen aber verkehrten Republikanern waren Politiker vermischt, deren Haltung nur durch die Furcht bestimmt wurde. Viele Schmarotzer, die sich bewußt waren, in der schlimmen Zeit Strafwürdiges gethan zu haben, wollten sich gern mit dem mächtigen und rachsüchtigen Club aussöhnen und waren froh, daß sie ihrer Servilität gegen Jakob durch ihre Opposition gegen Wilhelm wieder gut machen durften.57 Die große Masse der Jakobiten hielt sich inzwischen entfernt, sah mit Wohlbehagen die Feinde des Hauses Stuart uneinig unter einander und gab sich der Hoffnung hin, daß die Verwirrung mit der Wiedereinsetzung des verbannten Königs enden werde.58

In den Hochlanden bricht Krieg aus

Während Montgomery sich anstrengte, aus verschiedenen Elementen eine Partei zu bilden, welche beim Wiederzusammentritt der Convention mächtig genug sein konnte, um dem Throne Vorschriften zu machen, hatte ein noch furchtbarerer Feind als Montgomery die Fahne des Bürgerkriegs in einer Gegend aufgesteckt, von der die Politiker von Westminster und selbst die meisten Politiker von Edinburg nicht mehr wußten als von Abyssinien oder Japan.

Zustand der Hochlande

Ein moderner Engländer, der in einem Tage aus seinem Club in St. James Street auf sein Jagdschloß in den Grampians gelangen kann und der in seinem Jagdschlosse alle Bequemlichkeiten und Luxusgegenstände seines Clubs findet, wird kaum glauben können, daß zur Zeit seiner Urgroßväter St. James Street mit den Grampians eben so wenig in Verbindung stand wie mit den Anden. Und doch war dem so. Im Süden unsrer Insel wußte man fast gar nichts von dem celtischen Theile Schottland’s, und was man etwa wußte, erweckte kein andres Gefühl als Verachtung und Widerwillen. Die Klippen und Schluchten, die Wälder und Gewässer waren zwar die nämlichen, welche gegenwärtig jeden Herbst von entzückten Beschauern und Landschaftszeichnern wimmeln. Der Trosachs schlängelte sich wie heute zwischen gigantischen, mit Ginster und wilden Rosen bewachsenen Felswänden hin, der Foyers kam mit demselben Hüpfen und demselben Rauschen, mit dem er noch heute dem Neßsee zueilt, durch den Birkenwald herab, und der schneegekrönte Scheitel des Ben Cruachan erhob sich, der Junisonne spottend, wie heute, über die mit Weiden bedeckten Inselchen des Awesees. Aber keine dieser Landschaften vermochte bis in die neuere Zeit einen einzigen Dichter oder Maler aus wohlhabenderen und ruhigeren Gegenden herbeizulocken. Gesetz und Polizei, Handel und Industrie haben in der That viel mehr, als Leute von romantischen Ansichten bereitwillig zugeben werden, dazu beigetragen, den Sinn für die wilderen Naturschönheiten in uns zu wecken. Ein Reisender muß frei von jeder Besorgniß sein, ermordet zu werden, oder vor Hunger umzukommen, ehe er sich an den kühnen Umrissen und an der Farbenpracht der Berge erfreuen kann. Er wird so leicht nicht über den Anblick eines steilen Abgrundes entzückt sein, wenn er in Gefahr schwebt, zweitausend Fuß tief in denselben hinabzustürzen; ebenso wenig über den Anblick kochender Fluthen eines Waldstroms, der plötzlich sein Gepäck mit fort schwemmt und ihn zwingt, sein Heil in der Flucht zu suchen; oder über den Anblick der schauerlichen Majestät eines Gebirgspasses, wo er einen Leichnam findet, den Räuber eben ausgeplündert und verstümmelt haben; oder über das Gekrächz der Adler, deren nächste Mahlzeit vielleicht eines seiner eigenen Augen sein kann. Um’s Jahr 1730 schrieb Capitain Burt, der erste Engländer, der die Gegenden besuchte, welche jetzt Vergnügungsreisende aus allen Theilen der gebildeten Welt herbeiziehen, ein Buch über seine Wanderungen. Er war unverkennbar ein Mann von umsichtigem, beobachtendem und gebildetem Geiste und würde, wenn er in unsrer Zeit gelebt hätte, ohne Zweifel mit einem Gemisch von Ehrfurcht und Wonne die Berge von Inverneßshire betrachtet haben. Da er aber mit den zu seiner Zeit allgemein vorherrschenden Ansichten schrieb, so erklärte er diese Gebirge für monströse Auswüchse. Er sagte, sie seien dermaßen mißgestaltet, daß die nacktesten Ebenen im Vergleich mit ihnen lieblich erscheinen müßten. Schönes Wetter, meinte er, mache den traurigen Anblick nur noch trauriger, denn je heller der Tag, um so unangenehmer berührten diese formlosen Massen von düstrem Braun und schmutzigem Roth das Auge. Welch’ ein Contrast, rief er aus, zwischen diesen grauenhaften Gegenden und den Schönheiten von Richmond Hill!59 Manche Leute werden glauben, Burt sei ein Mann von alltäglichem und prosaischem Geiste gewesen; aber sie werden es wohl schwerlich wagen, eine ähnliche Ansicht über Oliver Goldsmith auszusprechen. Goldsmith war einer der wenigen Sachsen, welche vor mehr als einem Jahrhunderte den Muth hatten, die schottischen Hochlande zu bereisen. Die abschreckende Wildheit der Gegenden machte einen widerlichen Eindruck auf ihn, und er erklärte, daß er die reizende Umgebung von Leyden, die weite Fläche grüner Wiesen und die Landhäuser mit ihren Statuen und Grotten, ihren sauberen Blumenbeeten und geradlinigen Alleen bei weitem vorziehe. Es ist indessen schwer zu glauben, daß der Verfasser des Traveller und des Deserted Village den Tausenden von Handlungsdienern und Putzmacherinnen, welche jetzt beim Anblick des Katrinesees und des Lomondsees in Entzücken gerathen, an natürlichem Geschmack und Sinn für Naturschönheiten nachgestanden haben sollte. Seine Empfindungen sind leicht zu erklären. Erst nachdem Straßen durch die Felsen gehauen, nachdem Brücken über die Gießbäche geschlagen, nachdem Gasthäuser an die Stelle der Räuberhöhlen getreten, nachdem man in den wildesten Pässen von Badenoch oder Lochaber eben so wenig Gefahr lief ermordet zu werden wie in Cornhill, konnten die blauen Gewässer der Seen und die über den Wasserfällen hängenden Regenbogen den Fremden bezaubern und ihn selbst an den auf den Bergspitzen lauernden Wolken und Stürmen ein feierliches Vergnügen finden lassen.

Die veränderten Empfindungen, mit denen die Bewohner des Niederlandes die Scenerie des Hochlandes betrachteten, war eng verbunden mit einer nicht minder auffallenden Veränderung der Gesinnungen, mit denen sie den hochländischen Menschenschlag betrachteten. Es ist kein Wunder, wenn die wilden Schotten, wie man sie zuweilen nannte, im 17. Jahrhunderte von den Sachsen als bloße Wilde angesehen wurden. Sonderbar aber ist es gewiß, daß sie, obgleich sie als Wilde betrachtet wurden, nicht Gegenstände des Interesses und der Neugierde waren. Die Engländer studirten damals mit übergroßem Eifer die Sitten roher, durch große Continente und Meere von unsrer Insel getrennter Nationen. Es erschienen zahlreiche Bücher, welche die Gesetze, den Aberglauben, die Hütten, die Mahlzeiten, die Trachten, die Hochzeiten und Bestattungsgebräuche der Lappländer und Hottentotten, der Mohawks und Malayen beschrieben. Die Theaterstücke und Gedichte aus jener Zeit sind reich an Anspielungen auf die Gebräuche der afrikanischen Schwarzen und der amerikanischen Rothhäute. Der einzige Barbar, nach dessen näherer Kenntniß Niemanden verlangte, war der Hochländer. Fünf oder sechs Jahre nach der Revolution veröffentlichte ein unermüdlicher Angler ein Werk über Schottland. Er rühmte sich, im Laufe seiner Wanderungen von See zu See und von Bach zu Bach kaum einen Winkel des Königreichs unerforscht gelassen zu haben. Wenn wir aber seine Erzählung näher prüfen, so finden wir, daß er sich nicht über die äußersten Grenzen der celtischen Region hinausgewagt hat. Er sagt uns, daß er selbst von den Leuten, welche dicht bei den Gebirgspässen wohnten, über die gälische Bevölkerung nichts habe erfahren können. Wenige Engländer, schreibt er, hätten Inverary je gesehen, und jenseit Inverary sei Alles ein Chaos.60 Unter der Regierung Georg’s I. erschien ein Werk, welches einen sehr genauen Bericht über Schottland zu geben behauptete und in diesem über dreihundert Seiten starken Werke waren zwei geringschätzende Paragraphen als für die Hochlande und die Hochländer genügend erachtet.61 Wir dürfen wohl zweifeln, ob im Jahre 1689 ein einziger von den zwanzig der wohlbelesenen Gentlemen, welche Will’s Kaffeehaus besuchten, wußte, daß es innerhalb des Bereichs der vier Meere und in einer Entfernung von weniger als fünfhundert Meilen von London viele Miniaturhöfe gab, in deren jedem ein kleiner Fürst, umgeben von Leibgarden, Waffenträgern, Musikern, einem erblichen Redner und einem erblichen Hofpoeten, einen rohen Hofstaat unterhielt, eine rohe Justiz ausübte, Krieg führte und Verträge schloß. So lange die alten gälischen Institutionen in voller Kraft bestanden, war kein Bericht über sie von einem zur richtigen Beurtheilung derselben befähigten Beobachter erschienen. Hätte ein solcher Beobachter die Hochländer studirt, so würde er ohne Zweifel darin ein inniges Gemisch der guten und schlechten Eigenschaften einer uncivilisirten Nation gefunden haben. Er würde gefunden haben, daß das Volk weder sein Vaterland noch seinen König liebte, daß es keine Anhänglichkeit an ein größeres Gemeinwesen als den Clan, oder an eine höhere Behörde als den Häuptling hatte. Er würde gefunden haben, daß das dortige Leben durch ein Gesetzbuch der Moral und Ehre geregelt wurde, welches himmelweit verschieden war von dem in friedlichen und prosperirenden Gesellschaften geltenden. Er würde gelernt haben, daß ein Messerstich in den Rücken oder ein Schuß hinter einem Felsblocke hervor gebilligte Wege waren, um sich für Beleidigungen Satisfaction zu verschaffen. Er würde Leute mit Stolz haben erzählen hören, wie sie oder ihre Väter an Erbfeinden in einem benachbarten Thale eine Rache ausgeübt, über welche alte Soldaten des dreißigjährigen Kriegs geschaudert haben würden. Er würde gefunden haben, daß das Räuberhandwerk für einen nicht nur unschuldigen, sondern sogar ehrenvollen Beruf galt. Er würde allenthalben, wohin er den Blick wendete, die allen Wilden characteristische Abneigung gegen eine geregelte Thätigkeit, und die Geneigtheit, den schwersten Theil der Handarbeit auf das schwächere Geschlecht zu wälzen, gesehen haben. Er würde erstaunt sein über den Anblick athletischer Männer, die sich in der Sonne wärmten, Lachse angelten oder Birkhühner schossen, während ihre greisen Mütter, ihre schwangeren Frauen und ihre zarten Töchter die dürftige Haferernte einbrachten. Und die Weiber beklagten sich nicht über ihr hartes Loos. In ihren Augen war es ganz schicklich, daß ein Mann, besonders wenn er den aristokratischen Titel Duinhe Wassel führte und seine Mütze mit einer Adlerfeder schmückte, der Ruhe pflog, wenn er nicht focht, jagte oder plünderte. Den Namen eines solchen Mannes in Verbindung mit dem Handel oder mit einer mechanischen Beschäftigung zu nennen, war eine Beleidigung. Der Landbau war zwar minder verachtet, aber es war doch für einen hochgebornen Krieger eine viel angemessenere Beschäftigung, fremdes Land zu plündern, als sein eignes zu bestellen. Die Religion des größeren Theils der Hochlande war ein rohes Gemisch von Papismus und Heidenthum. Das Symbol der Erlösung war mit heidnischen Opfern und Beschwörungsformeln verbunden. Getaufte Menschen brachten dem einen Dämon Libationen von Ale und setzten für einen andren Trankopfer von Milch aus. Seher wickelten sich in Ochsenhäute und erwarteten so die Inspiration, welche die Zukunft enthüllen sollte. Selbst unter den Minstrels und Genealogen, deren erblicher Beruf es war, die Erinnerung vergangener Ereignisse zu bewahren, würde ein Forscher nur sehr wenige gefunden haben, welche lesen konnten. Er hätte in der That von einer Küste zur andren reisen können, ohne eine Seite gedrucktes oder geschriebenes Gälisch zu entdecken. Er würde seine Kenntniß des Landes theuer haben bezahlen müssen. Er würde eben so große Beschwerden zu ertragen gehabt haben, als wenn er sich unter den Eskimos oder Samojeden befunden hätte. Hier und da im Schlosse eines vornehmen Lords, der einen Sitz im Parlamente und im Geheimen Rathe hatte und der einen großen Theil seines Lebens in den Städten des Südens zuzubringen pflegte, würde er wohl Perrücken und gestickte Leibröcke, Silbergeschirr und feines Leinzeug, Spitzen und Juwelen, französische Speisen und französische Weine gefunden haben. In der Regel aber hätte er sich mit ganz anderen Quartieren begnügen müssen. In vielen Wohnungen würden die Möbeln, die Kost, die Kleidung, ja selbst das Haar und die Haut seiner Wirthe seine Philosophie auf eine harte Probe gestellt haben. Er würde sich zuweilen mit einer Hütte haben begnügen müssen, in der jeder Winkel von Ungeziefer wimmelte. Er würde eine mit Torfrauch geschwängerte und durch hunderterlei ekelhafte Dünste verpestete Luft eingeathmet haben. Zum Abendessen würde ihm Korn, das nur zu Pferdefutter taugte, nebst einem Napfe voll Blut von einer lebenden Kuh vorgesetzt worden sein. Einige seiner Tischgenossen würden mit Hautausschlägen bedeckt, andere mit Theer beschmiert gewesen sein wie die Schafe. Sein Lager würde der nackte Erdboden gewesen sein, trocken oder naß, je nach dem Wetter, und er würde sich von diesem Lager halb vergiftet durch den Gestank, halb blind vom Torfrauch und halb wahnsinnig vor Jucken erhoben haben.62

Dies ist gewiß kein anziehendes Bild. Und doch würde ein einsichtsvoller und vorurtheilsfreier Beobachter in dem Character und den Sitten dieses rohen Volks etwas gefunden haben, was wohl Bewunderung und gute Hoffnungen erwecken konnte. Sie besaßen einen Muth, der sich seitdem durch Heldenthaten in allen vier Welttheilen erprobt hat. Ihre treue Anhänglichkeit an ihren Stamm und an ihren Patriarchen war zwar vom politischen Gesichtspunkte ein großes Uebel, hatte aber doch etwas von dem Character einer Tugend. Das Gefühl war irregeleitet und regellos, aber es war dennoch heroisch. Es muß eine gewisse Seelengröße in einem Menschen wohnen, der die Gesellschaft, welcher er angehört und den Führer, dem er folgt, mit einer Zuneigung liebt, welche stärker ist als die Liebe zum Leben. Es ist wahr, der Hochländer machte sich kein Gewissen daraus, das Blut eines Feindes zu vergießen, aber nicht minder wahr ist es, daß er hohe Begriffe von der Pflicht der Treue gegen Bundesgenossen und der Gastfreundschaft gegen Gäste hatte. Seine räuberischen Gewohnheiten waren allerdings für das Gemeinwesen von großem Nachtheil; aber Diejenigen irrten sehr, die da glaubten, daß er irgend eine Aehnlichkeit mit den Schurken hatte, welche in reichen und wohlgeordneten Staaten vom Diebstahle leben. Wenn er die Heerden von Niederlandsfarmern vor sich her den Paß hinauf trieb, der in seine heimathliche Schlucht führte, hielt er sich eben so wenig für einen Dieb, wie ein Raleigh oder Drake sich für einen Dieb hielt, wenn er die Ladungen der spanischen Galeonen theilte. Er war ein Krieger, der die rechtmäßige Beute des Kriegs in Besitz nahm, eines Kriegs, der während der fünfunddreißig Generationen, welche vorübergegangen waren, seitdem die teutonischen Eroberer die Kinder des Bodens in die Gebirge getrieben hatten, niemals unterbrochen worden war. Daß er zum Schutze des friedlichen Gewerbfleißes mit der ganzen Strenge des Gesetzes bestraft wurde, wenn man ihn bei einem Raube nach solchen Grundsätzen ergriff, war vollkommen gerecht. Ungerecht aber war es, ihn in moralischer Beziehung in eine Kategorie mit den Taschendieben, welche im Drurylanetheater ihr Unwesen trieben, oder mit den Straßenräubern zu werfen, welche auf Blackheath die Reisewagen anfielen. Sein maßloser Geburtsstolz und seine Verachtung der Arbeit und des Handels waren zwar große Schwächen und hatten weit mehr als die Rauhheit des Klima’s und die Unfruchtbarkeit des Bodens dazu beigetragen sein Vaterland arm und uncultivirt zu erhalten. Doch auch dafür gab es einen Ersatz. Um gerecht zu sein, muß man anerkennen, daß die patrizischen Tugenden unter der Bevölkerung der Hochlande nicht minder weit verbreitet waren als die patrizischen Fehler. Wie es keinen andren Theil der Insel gab, wo die Leute trotz dürftiger Kleidung, Wohnung und Nahrung den müßigen Schlaraffengewohnheiten einer Aristokratie in einem so hohen Grade fröhnten, so gab es auch keinen Theil der Insel, wo diese Leute in einem so hohen Grade die besseren Eigenschaften einer Aristokratie, Anmuth und Würde des Benehmens, Selbstachtung und jenes edle Zartgefühl besaßen, welches die Entehrung mehr fürchtet als den Tod. Ein Gentleman dieser Art, dessen Kleider von jahrelangem Schmutze besudelt waren und in dessen Hütte es ärger roch als in einem englischen Schweinestall, machte häufig die Honneurs dieser Hütte mit einem vornehmen Anstande, welcher des glänzenden Hofzirkels von Versailles würdig gewesen wäre. Obwohl er eben so wenig Büchergelehrsamkeit besaß, wie der einfältigste Ackerknecht England’s, so würde es doch ein grober Irrthum gewesen sein, hätte man ihn auf eine Stufe der Intelligenz mit diesen Ackerknechten stellen wollen. Mit einer Wissenschaft kann der Mensch allerdings nur durch Lesen genau bekannt werden. Aber die Künste der Poesie und der Beredtsamkeit können in einem Zeitalter wo Bücher gänzlich oder doch fast gänzlich unbekannt sind, der absoluten Vollkommenheit nahe gebracht werden und einen großen Einfluß auf den Volksgeist ausüben. Der erste große Lebens- und Sittenmaler hat mit einer Lebendigkeit, welche keinen Zweifel zuließ, daß er die Natur treu copirte, den Eindruck geschildert, den Beredtsamkeit und Gesang auf Zuhörer machten, die nicht einmal das Alphabet kannten. Es ist wahrscheinlich, daß bei den Berathungen der Hochländer Männer, welche dem Amte eines Dorfgerichtsschreibers nicht gewachsen gewesen waren, Fragen über Krieg und Frieden, über Tribut und Huldigung mit einem eines Halifax und Caermarthen würdigen Scharfsinn erörterten, und daß bei den Banketen der Hochländer Minstrels, die nicht lesen konnten, zuweilen Rhapsodien vortrugen, in denen ein verständiger Kritiker Stellen gefunden haben würde, die ihn an die lieblichen Verse Otway’s oder an die kräftigen Strophen Dryden’s erinnert hätten.

Es gab daher schon damals Beweise genug für die Rechtfertigung des Glaubens, daß der Celte durch keine natürliche Inferiorität dem Sachsen weit nachstand. Man hätte mit Gewißheit voraussagen können, daß, wenn eine energische Polizei es dem Hochländer unmöglich gemacht hätte, ihm zugefügtes Unrecht durch Gewalt zu rächen und sich seine Bedürfnisse durch Raub zu verschaffen, wenn seine Anlagen durch den bildenden Einfluß der protestantischen Religion und der englischen Sprache entwickelt würden, wenn er die Zuneigung und Achtung, mit denen er sein kleines Gemeinwesen und seinen kleinen Fürsten betrachten gelernt hatte, auf sein Vaterland und dessen rechtmäßige Obrigkeit übertragen könnte, das Königreich einen großen Zuwachs an Kraft für alle Zwecke des Friedens wie des Kriegs erlangen würde.

So würde ohne Zweifel der Ausspruch eines unterrichteten und unparteiischen Richters gelautet haben. Aber einen solchen Richter gab es damals nicht. Die von den gälischen Provinzen weit entfernt wohnenden Sachsen konnten nicht gut unterrichtet sein, und die in der Nähe dieser Provinzen wohnenden Sachsen konnten nicht unparteiisch sein. Zwischen Grenzbewohnern sind nationale Feindschaften jederzeit am heftigsten gewesen, und die Feindschaft zwischen den Grenzbewohnern des Hochlandes und denen des Niederlandes längs der ganzen Grenze war das Erzeugniß von Jahrhunderten und wurde durch beständige Reibungen immer frisch erhalten. Einmal wurden ganze Quadratmeilen Weideland von bewaffneten Räubern aus dem Gebirge verwüstet. Ein andermal hingen ein Dutzend Plaids in einer Reihe an den Galgen von Crieff oder Stirling. Es wurden zwar auf dem streitigen Gebiete Jahrmärkte zum nothwendigen Austausch von Waaren gehalten. Aber zu diesen Jahrmärkten kamen beide Theile kampfgerüstet, und der Tag endete oftmals mit Blutvergießen. So war der Hochländer ein Gegenstand des Hasses für seine sächsischen Nachbarn, und von seinen sächsischen Nachbarn erfuhren die weiter von ihm entfernt wohnenden Sachsen das Wenige, was sie über seine Sitten und Gewohnheiten zu erfahren wünschten. Wenn die Engländer sich einmal herabließen, an ihn zu denken – und dies geschah selten – so betrachteten sie ihn als einen schmutzigen, gemeinen Wilden, als einen Sklaven, einen Papisten, einen Halsabschneider und Räuber.63

Diese geringschätzende Abneigung erhielt sich bis zum Jahre 1745, worauf derselben für kurze Zeit eine heftige Furcht und Wuth folgte. Das ernstlich besorgte England bot seine ganze Macht auf und die Hochländer wurden rasch, vollständig und für immer unterworfen. Eine kurze Zeit lang schnaubte die englische Nation, noch erhitzt von dem neuerlichen Kampfe, nichts als Rache. Das Gemetzel auf dem Schlachtfelde und auf dem Schaffote genügte nicht, um den öffentlichen Blutdurst zu stillen. Der Anblick des Tartan reizte den Pöbel von London zu einem Hasse, der sich durch unmännliche Mißhandlungen an wehrlosen Gefangenen äußerte. Eine politische und sociale Umwälzung fand in der ganzen celtischen Region statt. Die Macht der Häuptlinge wurde gebrochen, das Volk entwaffnet, der Gebrauch der alten Nationaltracht verboten, den alten räuberischen Gewohnheiten wirksam Einhalt gethan, und kaum war diese Veränderung durchgeführt, so begann ein sonderbarer Umschwung der öffentlichen Meinung. Mitleid trat an die Stelle des Widerwillens. Die Nation verwünschte die an den Hochländern verübten Grausamkeiten und vergaß, daß sie selbst für diese Grausamkeiten verantwortlich war. Die nämlichen Londoner, welche, so lange der Marsch Derby’s noch in frischem Andenken war, die gefangenen Rebellen verhöhnt und mit Steinen geworfen hatten, gaben jetzt dem Fürsten, der den Aufstand niedergeworfen, den Spottnamen des „Schlächters“. Die barbarischen Institutionen und Gebräuche, die kein Sachse zur Zeit ihres Bestehens einer ernsten Prüfung werth gehalten und von denen er nie anders als mit Verachtung gesprochen, hatten nicht sobald aufgehört zu existiren, als sie Gegenstände der Neugierde, des Interesses und selbst der Bewunderung wurden. Kaum waren die Häuptlinge einfache Grundherren geworden, so begann man auch schon gehässige Vergleiche zwischen der Habgier des Grundherrn und der Nachsicht des Häuptlings anzustellen. Man schien vergessen zu haben, daß das alte gälische Staatswesen für unvereinbar mit der Autorität des Gesetzes befunden worden war, das Fortschreiten der Civilisation gehemmt und mehr als einmal den Fluch des Bürgerkriegs über das Land gebracht hatte. Wie man früher nur die abschreckende Seite dieses Staatswesens gesehen hatte, so sah man jetzt nur die anziehende Seite desselben. Das alte Band, sagte man, sei ein verwandtschaftliches gewesen, das neue sei ein rein commercielles. Könne es etwas Beklagenswertheres geben, als daß der Häuptling eines Stammes um eines geringfügigen Pachtrückstandes willen Pächter vertreibe, die sein eigen Fleisch und Blut seien und deren Vorfahren oftmals auf dem Schlachtfelde mit ihren Leibern seine Vorfahren gedeckt hätten? So lange es gälische Räuber gab, waren sie von der sächsischen Bevölkerung als hassenswerthes Ungeziefer betrachtet worden, das ohne Gnade vertilgt werden müsse. Sobald aber die Vertilgung bewerkstelligt, sobald das Vieh in den Engpässen von Perthshire eben so sicher war als auf dem Markte zu Smithfield, wurde der Freibeuter zu einem Romanhelden verherrlicht. So lange die gälische Tracht getragen wurde, hatten die Sachsen sie für häßlich, für lächerlich, ja sogar für höchst unanständig erklärt. Bald nachdem dieselbe verboten worden, machten sie die Entdeckung, daß sie das anmuthigste Gewand von Europa war. Die gälischen Bauwerke, die gälischen Gebräuche, der gälische Aberglaube, die gälischen Dichtungen, seit vielen Jahrhunderten geringschätzend vernachlässigt, begannen von dem Augenblicke an, wo die gälischen Eigenthümlichkeiten zu verschwinden anfingen, die Aufmerksamkeit der Gelehrten auf sich zu ziehen. Dieser Impuls war so stark, daß, wo die Hochlande im Spiele waren, einsichtsvolle Männer unbewiesenen Geschichten bereitwillig Glauben schenkten und Männer von Geschmack ganz werthlosen Compositionen einen überspannten Beifall zollten. Epische Gedichte, welche jeder geübte und vorurtheilsfreie Kritiker auf den ersten Blick als fast gänzlich modern erkannt haben würde und die, wenn sie als moderne Erzeugnisse veröffentlicht worden wären, sofort den ihnen gebührenden Platz neben Blackmore’s Alfred und Wilkie’s Epigoniad gefunden haben würden, wurden für funfzehnhundert Jahr alt erklärt und allen Ernstes der Iliade zur Seite gestellt. Schriftsteller von ganz andrer Art als die Betrüger, welche diese Fälschungen fabrizirten, sahen ein, welcher gewaltige Eindruck durch geschickte Schilderungen des früheren Hochlandlebens hervorgebracht werden könnte. Alles Widerwärtige wurde gemildert, alles Schöne und Edle mit besonderem Nachdruck hervorgehoben. Einige dieser Werke waren mit so bewundernswerthem Geschick abgefaßt, daß sie, wie die historischen Stücke Shakespeare’s, die Geschichte ersetzten. Die Phantasiegebilde des Dichters wurden für seine Leser zu Wirklichkeiten, die Orte, welche er beschrieb, wurden geheiligte Stätten und das Ziel von Tausenden von Pilgern. Bald war die Phantasie des Volks so ausschließend beschäftigt mit Plaids, Tartschen und Claymores, daß die meisten Engländer die Namen Schotte und Hochländer als gleichbedeutend betrachteten. Nur wenige schienen zu wissen, daß zu einer noch nicht fernen Zeit ein Macdonald oder ein Macgregor in seinem Tartan einem Bürger von Edinburg oder Glasgow das war, was ein indianischer Jäger in seinem Kriegsschmucke einem Bewohner von Philadelphia oder Boston ist. Künstler und Schauspieler stellten Bruce und Douglas in gestreiften kurzen Röcken dar. Eben so gut hätten sie Washington den Tomahawk schwingend und mit einer Reihe Skalpen umgürtet darstellen können. Endlich erreichte diese Mode einen Punkt, der nicht leicht überschritten werden konnte. Der letzte britische König, der in Holyrood residirte, glaubte keinen glänzenderen Beweis von seiner Achtung vor den Gebräuchen, welche vor der Union in Schottland geherrscht hatten, geben zu können, als indem er sich in einen Anzug kleidete, den vor der Union neun Schotten unter zehn für die Tracht eines Banditen erklärt haben würden.

So ist es gekommen, daß die alten gälischen Institutionen und Sitten nie in dem einfachen Lichte der Wahrheit dargestellt worden sind. Bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden sie durch ein falsches Medium gesehen; seitdem sind sie durch ein andres gesehen worden. Früher schimmerten sie nur undeutlich durch den verdunkelnden und entstellenden Nebel des Vorurtheils, und dieser Nebel hatte sich kaum zerstreut, so erschienen sie glänzend in den reichsten Farben der Poesie. Die Zeit, wo ein vollkommen treues Bild hätte entworfen werden können, ist jetzt vorbei. Das Original ist längst verschwunden, eine authentische Copie existirt nicht und Alles was noch möglich, ist die Herstellung einer unvollkommenen Aehnlichkeit mit Hülfe zweier Portraits, von denen das eine eine plumpe Karrikatur, das andre ein Meisterstück der Schmeichelei ist.

Eigenthümlicher Character des Jakobitismus in den Hochlanden

Unter den falschen Begriffen, die sich in Bezug auf die Geschichte und den Character der Hochländer allgemein verbreitet haben, muß namentlich einer berichtigt werden. Während des Jahrhunderts, das mit dem Feldzuge Montrose’s begann und mit dem Feldzuge des jungen Prätendenten schloß, wurde jede im Interesse des Hauses Stuart auf britischem Boden vollbrachte große kriegerische That durch die Tapferkeit gälischer Stämme vollbracht. Die Engländer haben daher ganz natürlich diesen Stämmen die Denkungsart englischer Cavaliere zugeschrieben: eine tiefe Ehrfurcht vor der königlichen Würde und eine begeisterte Anhänglichkeit an die königliche Familie. Eine nähere Untersuchung wird jedoch ergeben, daß die Stärke dieser Gefühle bei den celtischen Clans sehr überschätzt worden ist.

Wenn wir die Geschichte unserer bürgerlichen Zwistigkeiten studiren, dürfen wir nie vergessen, daß dieselben Namen, Kennzeichen und Kriegsrufe in verschiedenen Theilen der britischen Inseln eine ganz verschiedene Bedeutung hatten. Wir haben bereits gesehen, wie wenig der irische Jakobitismus und der englische Jakobitismus mit einander gemein hatten. Der Jakobitismus des schottischen Hochländers war, wenigstens im 17. Jahrhundert, eine dritte, von den beiden anderen ganz verschiedene Varietät. Die gälische Bevölkerung war in der That weit davon entfernt, die Prinzipien des passiven Gehorsams und des Nichtwiderstandes anzuerkennen. Das ganze alltägliche Leben dieser Bevölkerung war eigentlich aus Ungehorsam und Widerstand zusammengesetzt. Gerade einige von denjenigen Clans, die man allgemein als so enthusiastisch loyal zu schildern gewohnt war, daß sie bereit sein würden, bis zum Tode treu zu Jakob zu halten, selbst wenn er im Unrecht wäre, hatten, so lange er auf dem Throne saß, seiner Autorität nie die geringste Achtung gezollt, selbst wenn er offenbar im Rechte war. Es war ihre Gewohnheit, ihr Beruf gewesen, ihm ungehorsam zu sein und ihm zu trotzen. Einige von ihnen waren wegen des Verbrechens der Widerspenstigkeit gegen seine gesetzmäßigen Befehle wirklich unter Hörnerklang proscribirt worden und würden ohne Besinnen jeden seiner Beamten, der sich über die Gebirgspässe hinaus gewagt hätte, um seinen Befehl zu vollziehen, in Stücke zerrissen haben. Die englischen Whigs wurden von ihren Gegnern beschuldigt, daß sie bezüglich des dem Staatsoberhaupte gebührenden Gehorsams gefährlich lockeren Prinzipien huldigten. Indessen hat kein ehrenwerther englischer Whig jemals den Aufruhr vertheidigt, außer als ein seltenes und extremes Mittel gegen seltene und extreme Uebel. Aber unter den celtischen Häuptlingen, deren Loyalität das Thema so vieler feuriger Lobpreisungen gewesen ist, gab es mehrere, deren ganze Existenz vom Knabenalter an ein einziger langer Aufruhr war. Von solchen Männern durfte man offenbar nicht erwarten, daß sie die Revolution in dem Lichte betrachten würden, in welchem dieselbe einem oxforder Eidverweigerer erschien. Auf der andren Seite wurden sie nicht, wie die eingebornen Irländer, durch Widerwillen gegen die sächsische Oberherrschaft zur Ergreifung der Waffen gedrängt; der schottische Celte war dieser Herrschaft niemals unterworfen gewesen. Er bewohnte sein eignes wildes und unfruchtbares Gebiet und beobachtete seine eigenen nationalen Gebräuche. In seinem Verkehr mit den Sachsen war er eher der Bedrücker als der Bedrückte. Er erpreßte Räubertribut von ihnen, entführte ihre Schaf- und Rinderheerden, und selten wagten sie es, ihn in seine heimathliche Wildniß zu verfolgen. Sie hatten nie sein ödes Moos- und Kiesland unter sich vertheilt. Er hatte nie den Thurm seiner erblichen Häuptlinge von einem Usurpator in Besitz nehmen sehen, der nicht gälisch sprach und der auf Alle die es sprachen, wie auf rohes Sklavenvolk herabsah, auch waren seine nationalen und religiösen Gefühle nie durch die Macht und durch den Glanz einer Kirche beleidigt worden, die er als eine ausländische und zugleich ketzerische betrachtete.

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notes

1

Act. Parl. Scot., Aug. 31. 1689.

2

Balcarras’s Memoirs; Short History of the Revolution in Scotland in a letter from a Scotch gentleman in Amsterdam to his friend in London, 1712.

3

Balcarras’s Memoirs; Life of James, II. 341.

4

A Memorial for His Highness the Prince of Orange in relation to the Affairs of Scotland, by two Persons of Quality, 1689.

5

Rabbled sagte man in der Landessprache, ein aus rabble, Pöbel, gebildetes Zeitwort, daß sich im Deutschen nicht erschöpfend wiedergeben läßt. – D. Uebers.

6

Siehe Calvin’s Brief an Haller, IV. Non. Jan. 1551. „Priusquam urbem unquam ingrederer, nullae prorsus erant feriae.“

7

In The Act, Declamation and Testimony of the Seceders, dated in December 1736, heißt es, daß „unter Autorität des Parlaments der Beobachtung der Feiertage in Schottland durch Suspension der Thätigkeit unserer angesehensten Gerichtshöfe Vorschub geleistet wird.“ Dies wird für eine Nationalsünde und für einen Grund des Unwillens Gottes erklärt. Im März 1758 richtete die Vereinigte Synode eine „Feierliche Warnung“ an die Nation, worin die nämliche Klage wiederholt wird. Ein einfältiger Mensch, dessen Unsinn sogar in unseren Tagen für werth gehalten worden ist, neu gedruckt zu werden, sagt: „Ich hinterlasse mein Zeugniß gegen die abscheuliche Acte der Königin Anna und ihres angeblichen britischen, in Wirklichkeit aber viehischen (brutish) Parlaments, welche die Beobachtung der sogenannten Yul-Ferien (Yule Vacancy) vorschreibt.“ The Dying Testimony of William Wilson, sometime Schoolmaster in Park in the Parish of Douglas, aged 68, who died in 1757.

8

An Account of the Present Persecution of the Church in Scotland, in several Letters, 1690; The Case of the afflicted Clergy in Scotland truly represented, 1690; Faithful Contendings Displayed; Burnet I. 805.

9

Die Formel dieser Benachrichtigung findet man in dem Buche: Faithful Contendings Displayed.

10

Account of the Present Persecution, 1690; Case of the afflicted Clergy, 1690; A true Account of that Interruption that was made of the Service of God on Sunday last, being the 17th of February 1689, signed by James Gibson, acting for the Lord Provost of Glasgow.

11

Balcarras’s Memoirs; Mackay’s Memoirs.

12

Burnet II. 21.

13

Scobell 1654, Kap. 9 und Olivers Verordnung vom 12. April des nämlichen Jahres.

14

Burnet und Fletcher von Saltoun sprechen von dem Aufschwunge Schottland’s unter dem Protector, schreiben es aber einer Ursache zu, welche eine solche Wirkung keineswegs hervorzubringen vermochte. „Es wurde,“ sagte Burnet, „eine ansehnliche Truppenmacht von etwa sieben- bis achttausend Mann in Schottland unterhalten. Der Sold dieser Armee brachte soviel Geld ins Land, daß es während dieser ganzen Zeit in einem, sehr blühenden Zustande blieb … Wir werden diese acht Jahre der Usurpation stets als eine Zeit großen Friedens und Gedeihens betrachten.“ „Zur Zeit des Usurpators Cromwell,“ sagt Fletcher, „glaubten wir uns bezüglich des letzteren Punktes (Handel und Geld) in einer erträglichen Lage zu befinden in Folge des Aufwandes, den die Truppen machten, welche uns in Unterwürfigkeit erhielten.“ Die richtige Erklärung der Erscheinung, über welche Burnet und Fletcher in so großem Irrthum waren, findet man in einer Flugschrift betitelt: „Some reasonable and modest Thoughts partly occasioned by and partly concerning the Scotch East India Company, Edinburgh, 1696.“ Siehe auch die Verhandlungen des Mittwochsclubs in Friday Street über eine Union mit Schottland vom December 1705. Siehe ferner das 7. Kapitel von Burton’s vortrefflicher Geschichte Schottland’s.

15

Siehe die Schrift, in welcher die Forderungen der schottischen Commissare aufgestellt sind. Man findet sie im Anhange zu De Foe’s History of de Union, Nr. 13.

16

Act. Parl. Scot., 30. Juli 1670.

17

Burnet II. 23.

18

Man sehe zum Beispiel eine Flugschrift betitelt: „Some questions resolved concerning episcopal and presbyterian Government in Scotland, 1690.“ Eine der „Fragen“ ist die, ob das schottische Presbyterium den allgemeinen Neigungen dieses Volks entspreche. Der Verfasser verneint diese Frage, weil die höheren und mittleren Stände sich schon vor der Revolution größtentheils der bischöflichen Kirche conformirt hätten.

19

Die Instructionen befinden sich in den Leven and Melville Papers und sind vom 7. März 1688/89 datirt. Bei der ersten Gelegenheit, wo ich diese werthvolle Sammlung aufführe, kann ich nicht umhin es anzuerkennen, zu wie großem Danke ich und Alle, die sich für die Geschichte unsrer Insel interessiren, dem Herrn verpflichtet sind, der daß Amt eines Herausgebers so vortrefflich erfüllt hat.

20

Ueber die Dalrymple sehe man des Lord Präsidenten eigene Schriften und darunter seine Vindication of the Divine Perfections; ferner Wodrow’s Analecta; Douglas’s Peerage; Lockhardt’s Memoirs; Satyre on the Family of Stairs; Satyric Lines upon the long wished for and timely Death of the Right Honorable Lady Stairs; Law’s Memorials und die Hyndford Papers, geschrieben 1704/5 und zugleich mit den Briefen von Carstairs gedruckt. Lockhardt, obgleich ein Todfeind Johann Dalrymple’s, sagt: „Es war Keiner im Parlament, der es mit ihm aufnehmen konnte.“

21

Ueber Melville sehe man die Leven and Melville Papers an verschiedenen Stellen, und die Vorrede; die Act. Parl. Scot. vom 16. Juni 1685 und den Anhang unterm 13. Juni; Burnet II. 24, und das Burnet M. S. Harl. 6584.

Diejenigen, welche bis auf unsre Zeit diesen Unsinn wiederholt haben, müssen erstens in dem Wahne gewesen sein, daß die Acte Heinrich’s VIII. „zur Bestrafung von Mord und böswilligem Blutvergießen innerhalb des königlichen Hoflagers“ (Stat. 33 Hen. VIII. c. 2.) in Geldern Gesetz war, und zweitens daß Wilhelm 1674 König und sein Haus ein königliches Hoflager war. Ebenso müssen sie nicht gewußt haben, daß er Loo erst lange nachdem Dundee die Niederlande verlassen hatte, kaufte. Siehe Harris’ Description of Loo, 1699.

Diese Fabel, von der ich in der umfangreichen jakobitischen Literatur aus Wilhelm’s Regierungszeit nicht die geringste Spur habe entdecken können, scheint etwa ein Vierteljahrhundert nach Dundee’s Tode entstanden zu sein und im Laufe eines weiteren Vierteljahrhunderts sich zu ihrer vollen Absurdität ausgebildet zu haben.

22

Creichton’s Memoirs.

23

Mackay’s Memoirs.

24

Memoirs of the Lindsays.

25

Ueber das frühere Verhältniß zwischen Wilhelm und Dundee haben einige Jakobiten viele Jahre nach dem Tode Beider eine Geschichte erfunden, welche durch successive Ausschmückungen zu einem Roman wurde, bei dessen Lesung man sich wundern muß, wie nur ein Kind ihn für wahr halten konnte. Die letzte Ausgabe lautet wie folgt. Bei Seneff wurde Wilhelm das Pferd unter dem Leibe getödtet und sein Leben war in der größten Gefahr. Dundee, damals Kapitain Graham, gab Seiner Hoheit ein andres Pferd. Wilhelm versprach, diesen Dienst durch Beförderung zu belohnen, brach aber sein Wort und gab einem andren das Patent, auf welches er Graham Hoffnung gemacht hatte. Der beleidigte Held ging nach Loo. Dort traf er seinen glücklichen Rivalen und gab ihm eine Ohrfeige. Die auf Thätlichkeiten innerhalb des Palastes gesetzte Strafe war der Verlust der schuldigen rechten Hand; aber der Prinz von Oranien erließ diese Strafe in ungroßmüthiger Weise. „Sie haben mir,“ sagte er, „das Leben gerettet, ich lasse Ihnen Ihre rechte Hand, so sind wir quitt.“

26

Memoirs of the Lindsays.

27

Memoirs of the Lindsays.

28

Balcarras’s Memoirs.

29

Burnet II. 22; Memoirs of the Lindsays.

30

Act. Parl. Scot. March 14. 1689; History of the late Revolution in Scotland, 1690; An Account of the Proceedings of die Estates of Scotland, fol. London 1689.

31

Balcarras’ Erzählung stellt sowohl Hamilton als Athol in einem sehr ungünstigen Lichte dar. Siehe auch Life of James, II. 338, 339.

32

Act. Parl. Scot. March 14. 1688/89; Balcarras’s Memoirs; History of the late Revolution in Scotland; Life of James, II. 342.

33

Balcarras’s Memoirs; History of the late Revolution in Scotland, 1690.

34

Act. Parl. Scot. March 14, 15. 1689; Balcarras’s Memoirs; London Gazette, March 25; History of the late Revolution in Scotland 1690; Account of the Proceedings of the Estates of Scotland, 1689.

35

Siehe Cleland’s Gedichte und die in demselben Bande enthaltenen Loblieder, Edinburg 1697. Es ist wiederholt behauptet worden, dieser Wilhelm Cleland sei der Vater des Steuercommissars gleichen Namens gewesen, der zwanzig Jahre später in den literarischen Kreisen London’s wohl bekannt war, welcher Pope einige eben nicht sehr lobenswerthe Dienste leistete und dessen Sohn Johann der Verfasser eines nur zu weit berühmten Schandbuches war. Dies ist ein vollständiger Irrthum. Der Wilhelm Cleland, welcher bei der Bothwellbrücke focht, war noch nicht achtundzwanzig Jahr alt, als er im August 1689 fiel, und der Steuercommissar Wilhelm Cleland starb in seinem siebenundsechzigsten Lebensjahre im September 1741. Ersterer kann daher nicht der Vater des letzteren gewesen sein. Siehe die Exact Narrative of the Battle of Dunkeld, das Gentleman’s Magazine von 1740 und Warburton’s Anmerkung zu dem Briefe an den Verleger der „Dunciade“, ein Brief, der mit W. Cleland unterzeichnet, in Wirklichkeit aber von Pope verfaßt ist. In einem Aufsatze von Sir Robert Hamilton, dem Orakel der extremen Covenanters und einem blutdürstigen Wüthrich, wird Cleland’s als eines ehemaligen Bundesgenossen dieser Fanatiker, aber nachmaligen heftigen Widersachers derselben erwähnt. Cleland stimmte wahrscheinlich nicht mit Hamilton darin überein, die Abschlachtung von Kriegsgefangenen, die sich auf Pardon ergeben hatten, als eine heilige Pflicht anzusehen. Siehe Hamilton’s Letter to the Societies vom 7. December 1685.

36

Balcarras’s Memoirs.

37

Balcarras’s Memoirs. Den vollständigsten Bericht über diese Verhandlungen geben jedoch einige handschriftliche Notizen, welche sich in der Bibliothek der Advokatenfacultät befinden. Balcarras’ Angaben sind nicht ganz genau. Er verließ sich wahrscheinlich zu sehr auf sein Gedächtniß. Ich habe dieselben nach den Parlamentsacten berichtigt.

38

Act. Parl. Scot. March 16. 1688/89; Balcarras’s Memoirs; History of the late Revolution in Scotland, 1690; Account of the Proceedings of the Estates of Scotland, 1689; London Gazette, March 25. 1689; Life of James II. 342. Burnet irrt sonderbar in Bezug auf diese Vorgänge.

39

Balcarras’s Memoirs; Manuscript in der Bibliothek der Advokatenfacultät.

40

Act. Parl. Scot. March 19. 1688/89; History of the late Revolution in Scotland.

41

Balcarras.

42

Balcarras.

43

Act. Parl. Scot; History of the late Revolution, 1690; Memoirs of North Britain 1715.

44

Balcarras.

45

Jeder Leser wird sich der Verwünschung erinnern, welche Sir Walter Scott im fünften Gesange des „Marmion“ über die Dummköpfe aussprach, welche dieses interessante Denkmal entfernten.

46

„Es wird weder sicher noch gut für den König sein, es nach der Thronbesteigung von einer Parlamentsacte zu erwarten, die es vor seine Thür legen wird.“ Dalrymple an Melville, 5. April 1689; Leven and Melville Papers.

47

Eine interessante Stelle über diesen Gegenstand findet sich bei Fortescue.

48

Act. Parl. Scot. April 1. 1689; Orders of Committee of Estates, Mai 16. 1689; London Gazette, April 11.

49

Da es kürzlich in Abrede gestellt worden ist, daß die extremen Presbyterianer eine ungünstige Meinung von den Lutheranern hegten, so will ich zwei entscheidende Beweise für meine oben aufgestellte Behauptung beibringen. In dem Buche: Faithful Contendings Displayed befindet sich ein Bericht über die Vorgänge bei der Generalversammlung der Vereinigten Covenantergesellschaften vom 24. October 1688. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob eine Verbindung mit den Holländern stattfinden solle. „Es ward einstimmig beschlossen,“ sagt der Sekretär der Gesellschaften, „daß wir uns mit den Holländern nicht zu einem Körper vereinigen, noch förmlich unter ihre Leitung kommen könnten, da sie ein Gemisch von reformirten lutherischen Uebelgesinnten und Sectirern seien, mit denen gemeinschaftliche Sache zu machen dem Zeugniß der Kirche von Schottland widerstreiten würde.“ In dem am 2. October 1707 aufgesetzten „Protest und Testimonium“ beschweren sich die Vereinigten Gesellschaften darüber, daß die Krone „dem Prinzen von Hannover verliehen worden sei, der in der lutherischen Religion erzogen und aufgewachsen ist, welche, wie allgemein bekannt, nicht allein abweicht von der Reinheit in Lehre, Reformation und Glauben, die wir in diesen Nationen erreicht hatten, sondern derselben in vielen Dingen sogar zuwiderläuft.“ Sie setzen hinzu: „Die Annahme einer solchen Person zum Herrscher über uns widerstreitet nicht nur unserm feierlichen Bund und Covenant, sondern dem Worte Gottes selbst: 5. Buch Mosis XVII.“

50

History of the late Revolution in Scotland; London Gazette, Mai 16. 1689. Der officielle Bericht über die Vorgänge war offenbar mit großer Sorgfalt abgefaßt. Siehe auch das Royal Diary, 1702. Der Verfasser dieses Werks versichert, daß er seine Angaben den Mittheilungen eines Geistlichen verdanke, welcher anwesend war.

51

Siehe Crawford’s Briefe und Reden an verschiedenen Stellen. Seine Art und Weise, um eine Stelle anzusuchen, war eigenthümlich. Nachdem er, nicht ohne Grund, zugegeben hatte, daß sein Herz voller Arglist und verzweifelt sündig sei, fuhr er fort: „Das nämliche allmächtige Wesen, welches gesagt hat: Wenn die Armen und Bedürftigen Wasser suchen und es ist keins da und ihre Zunge verschmachtet vor Durst, wird Er sie nicht verlassen, – kann mir trotz meiner jetzigen dürftigen Umstände ein Haus bauen, wenn es dies für gut findet.“ – Brief an Melville vom 28. Mai 1689. Ueber Crawford’s Armuth und sein Verlangen nach bischöflichen Ländereien sehe man seinen Brief an Melville vom 4. December 1690. Ueber seine Humanität siehe seine Briefe an Melville vom 11. December 1690. Alle diese Briefe findet man in den Leven and Melville Papers. Der Verfasser von: An Account of the Late Establishment of Presbyterian Government sagt von Jemandem, der sich mit zehn oder zwölf Pfund Sterling hatte bestechen lassen: „Wäre er so arm gewesen wie Mylord Crawford, so würde er vielleicht eher zu entschuldigen gewesen sein.“ Siehe auch die Dedication der berühmten Schrift: Scotch Presbyterian Eloquence Displayed.

52

Burnet II. 23. 24; Fountainhall Papers, 13. Aug. 1684, 14., 15. Oct. 1684, 3. Mai 1685; Montgomery an Melville, 23. Juni 1689 in den Leven and Melville Papers; Pretences of the French Invasion Examined, licensed May 25. 1692.

53

Siehe The Life and Correspondence of Carstairs und die interessanten Abhandlungen über ihn in den 1854 gedruckten Caldwell Papers. Ferner seine Characteristik von Mackay und Swift’s Note. Swift’s Wort kann gegen einen Schotten und Presbyterianer kein Gewicht haben. Ich glaube jedoch, daß Carstairs, obgleich im Wesentlichen ein rechtschaffener und frommer Mann, sein gutes Theil von der Klugheit der Schlange besaß.

54

Sir Johann Dalrymple an Lord Melville, 18., 20., 25. Juni 1689; Leven and Melville Papers.

55

In dem 1704 geschriebenen und in den Carstairs Papers abgedruckten Hyndford-Manuscripte kommt eine ergötzliche Beschreibung Sir Patrick’s vor: „Er liebt wohleinstudirte Reden und kann selbst Privatfreunden ohne solche kaum Audienz geben.“

56

„Niemand ist thätiger als Saltoun, obgleich nicht Mitglied.“ Lockhart an Melville, 11. Juli 1689; Leven and Melville Papers. Siehe Fletcher’s eigene Werke und die Beschreibungen von ihm in Lockhart’s und Mackay’s Memoiren.

57

Dalrymple sagt in einem Briefe vom 5. Juni: „Alle Uebelgesinnten sind aus Furcht in den Club gekommen, und sie stimmen Alle gleich.“

58

Balcarras.

59

„Soll ich Sie mit einer Schilderung dieses unfruchtbaren Landes langweilen, wo ich Sie über Berge, ganz braun von Haidekraut, oder durch Thäler führen muß, welche kaum Futter genug für ein Kaninchen enthalten? … Jeder Punkt des Landes bietet die nämliche reizlose Landschaft dar. Kein Gehölz oder Bach erfreut den Fremden durch seine trauliche Musik.“ – Goldsmith an Bryanton, Edinburg, 26. September 1753. In einem bald nachher aus Leyden an den ehrwürdigen Thomas Contarine geschriebenen Briefe sagt Goldsmith: „Ich war ganz versunken in das Anschauen der Gegend. Nichts kann der Schönheit derselben gleichkommen. Wohin ich den Blick wendete, überall zeigten sich schöne Häuser, anmuthige Gärten, Statuen, Grotten und Fernsichten. Schottland bildet mit diesem Lande den grellsten Contrast: dort versperren Hügel und Felsen jede Aussicht; hier ist Alles eine ununterbrochene Ebene.“ Siehe den Anhang C. zum ersten Bande von Mr. Forster’s Life of Goldsmith.

60

Northern Memoirs, by R. Franck Philanthropus, 1694. Der Verfasser hatte etwas von der Scenerie der Hochlande gesehen, und er spricht davon fast ganz so wie Burt unter der folgenden Generation: „Es ist ein verwahrloster Theil der Schöpfung, Schutt, der beim Prachtbau der Welt bei Seite geworfen wurde, und eben so arm an Form und Gestalt wie die Eingebornen an Moral und guten Sitten.“

61

Journey through Scotland, by the author of the Journey through England, 1723.

62

Fast alle diese Umstände sind Burt’s Briefen entlehnt. Bezüglich des Theers ist meine Quelle Cleland’s Poesie. In seinen Versen über den „Highland Host“ sagt er:

„Dieweil sie sind beschmiert mit Theer,
Der ihren Kopf und Hals beschützt,
Ganz wie bei ihren Schafen.“

63

Ein schlagender Beleg für die Meinung, welche der Bewohner des Niederlandes von dem Hochländer hegte und die sich von jenem auch den Engländern mittheilte, findet man in einem Bande Miscellanies, von Afra Behn im Jahre 1685 herausgegeben. Eines der interessantesten Stücke dieser Sammlung ist ein rohes und profanes schottisches Gedicht betitelt: „Wie der erste Hochländer gemacht wurde.“ Wie und aus welchen Stoffen er gemacht wurde, wage ich nicht zu erzählen. Das unmittelbar auf seine Schöpfung folgende Gespräch aber wird, wie ich hoffe, hier ohne großen Anstoß einen Platz finden dürfen.

Spricht Gott zum Hochlandsmann: „Wohin willst Du?“
„Ich will ins Niederland hinab, o Herr, zu stehlen eine Kuh.“
„Pfui!“ sagt St. Peter, „wirst ein arger Sünder werden,
Wenn Du schon stehlen willst, kaum angelangt auf Erden.“
„Hm!“ drauf der Hochlandsmann mit einem Schwure spricht,
„So lang ich stehlen kann, arbeit’ ich nicht.“

Ein andrer schottischer Niederländer, der tapfre Oberst Cleland, beschreibt den Hochländer um die nämliche Zeit in gleicher Weise

Ein einz’ges ihr mißfäll’ges Wort
Kann treiben sie zu einem Mord.
Und wollt Ihr wissen was sie thut?
Sie lebt nur von gestohlnem Gut.

Ganz in ähnlichem Sinne sind die wenigen Worte, welche Franck Philanthropus (1694) den Hochländern widmet: „Sie leben wie große Herren und sterben wie Taugenichtse, hassen die Arbeit und haben keinen Kredit, um zu borgen; sie unternehmen Raubzüge und bestehlen ihre Nachbarn.“ In der 1690 in Edinburg gedruckten History of the Revolution in Scotland kommt folgende Stelle vor: „Die schottischen Hochländer sind Elende, die sich nur in so weit um Ehre, Freundschaft, Gehorsam und Regierung kümmern, als sie sich durch eine Aenderung in den Angelegenheiten oder durch eine Revolution in der Regierung Gelegenheit verschaffen können, ihre Grenznachbarn zu bestehlen oder auszuplündern.“