Oft fängt die Mannschaft auf den Schiffen zum Vergnügen
Sich Albatrosse ein, Seevögel kühnbeschwingt,
Die still und ruhevoll auf ihren weiten Zügen
Dem Fahrzeug folgen, wie es durch die Salzflut dringt.
Sobald auf das Verdeck sie die Gefangnen bringen,
So hängen voller Scham, verstört und ungeschickt,
Die Kön’ge des Azurs die mächtgen, weißen Schwingen
Wie Ruder rechts und links, hinschleifend und geknickt.
Der Wandrer, leicht beschwingt, daß er die Luft durchschweife,
Wie häßlich ist er nun, wie plump, verhöhnt und schwach.
Der eine kitzelt ihm den Schnabel mit der Pfeife,
Der andre macht im Spott sein lahmes Wanken nach.
Der Dichter ist der Fürst der stolzen Wolkenthrone,
Der Bogenschützen trotzt und lacht des Seesturms Wehn;
Doch hindern auf dem Land, umringt von lautem Hohne,
Die Riesenflügel den Gewaltigen am Gehn.
Hoch über den Bergen, hoch über den Meeren,
Den Wäldern, den Talen, den Wolken, der Flur,
Der flammenden Sonne, dem weiten Azur,
Hoch über den Reichen der sternigen Sphären,
Beschwingst du, mein Geist, dich, und tief in der Brust,
Wie ein Schwimmer, den schwellend die Wogen umgleiten,
Fühl froh ich, durchfurchend unendliche Weiten,
Eine unaussprechliche, männliche Lust,
Entfliehe fern in die reineren Düfte,
Befreit von dem Dunst, der betäubend und krank,
Und schlürfe als hellen und göttlichen Trank
Das klare Feuer der ewigen Lüfte.
Weit hinter des Grams und des Trübsinns Gebiet,
Die das irdische Leben in Nebel verschlingen —
Glückselig der, der mit kräftigen Schwingen
Zu strahlenden, heitren Gefilden entflieht,
Dessen Geist, wann die Lichter des Morgens erglühten,
Wie die Lerche aufsteigend den Himmel durchschweift,
Der das Sein überfliegend mühlos begreift
Die Sprache der stummen Welt und der Blüten.
Lebendgem Tempel gleicht das Wesen der Natur,
Aus seinen Säulenreihn tönt tief geheimes Flüstern,
Durch Wälder geht der Mensch, wo Zeichen ihn umdüstern,
Die stillvertrauten Blicks verfolgen seine Spur.
Geheim verschmelzend wie das Echo fernster Klüfte,
In großer Einheit und voll dunkeltiefer Macht,
Weit wie des Äthers Glanz und die gewaltge Nacht,
Antworten Töne rings und Farben sich und Düfte.
Gerüche sind, wie Duft, der über Kindern ruht,
Grün wie die Wiesen, sanft wie der Hoboen Klingen,
Und andre, die verderbt, reich und voll stolzer Glut,
Still atmend in der Kraft von unbegrenzten Dingen,
Wie Ambra, Benzoe und fremden Weihrauchs Flut,
Stolz tönend den Triumph von unsrem Geist und Blut.
Rubens, Gefild der Rast, Strom der Vergessenheiten,
Ein Ruhbett blühnden Fleischs und doch von Liebe leer,
Darin das Leben wogt in ruhelosen Weiten,
Wie im Azur die Luft und wie das Meer im Meer.
Da Vinci, Spiegel, draus sich tiefe Träume heben,
Wo selger Engelschar stillfrohes Lächeln glänzt,
Die in geheimem Duft das Schattenland durchschweben,
Das sich mit Gletschern und mit schlanken Pinien kränzt.
Rembrandt, ein Armenhaus, von Murmeln bang verdüstert,
Wo aller Schmuck der Wand ein Kruzifix allein,
Wo weinendes Gebet aus Schmutz und Lumpen flüstert,
Die kalt und hart durchstrahlt ein winterlicher Schein.
Buonarotti, Nacht, wo in des Dunkels Schweigen
Sich Herakles’ Gestalt mit Christusbildern mengt,
Wo Riesenwesen starr der Dämmerung entsteigen
Und die gestreckte Hand das Leichentuch zersprengt.
Der Faunen freche Glut, des Faustkampfs zornig Toben,
Du, dem aus schmutzgem Troß die Schönheit sich gebar,
Hinfällger, gelber Mann, das Herz von Stolz gehoben,
Puget, gramvoller Fürst im Reich der Sträflingsschar.
Watteau, ein Karneval, wo manche edle Herzen
Wie Schmetterlinge irrn in wechselvollem Glanz,
Gewände, leicht und bunt, erhellt von tausend Kerzen,
Die die Verzückung sprühn dem tollen Wirbeltanz.
Goya, ein schwerer Traum, wo Finsternisse zürnen,
Geburten, die man kocht in zaubertrunkner Wut,
Im Spiegel alte Fraun und junge, nackte Dirnen,
Die Strümpfe glättend, schön für der Dämonen Glut.
Ein Blutsee, Delacroix, mit bösen Engelscharen,
Beschattet durch ein Holz von Fichten, ewig grün,
Wo in vergrämter Luft fremd tönende Fanfaren
Gleich einem Seufzerhauch von Weber fern verglühn.
Dies Lästern, dieser Fluch, dies Weh von Klagesängen,
Dies Heulen, dies Tedeum, dieser wilde Schmerz,
Sie sind ein Widerhall aus tausend irren Gängen,
Ein göttlich Opium für unser sterblich Herz.
Es ist ein Ruf, den man durch tausend Wachen kündet,
Es ist ein Losungswort, das tausendfach erschallt,
Es ist ein Leuchtturm, der auf tausend Festen zündet,
Ein Schrei von Jägern ists, verirrt im großen Wald.
Denn klarer kann sich, Herr, kein Zeugnis offenbaren,
Das unsrem innern Wert je eine Stimme leiht,
Als dieser glühnde Schrei, der rollt von Jahr zu Jahren
Und sterbend untergeht am Rand der Ewigkeit.
Was, arme Muse, hast du diesen Morgen? sprich!
Noch bebt dein hohler Blick vom Traum, der dich bedrängte,
Abwechselnd breiten bleich auf deinem Antlitz sich
Wahnsinn und Schreck, der stumm und eisig dich beengte.
War es ein grüner Elf, ein rot Gespenst, das dich
Mit Liebe oder Furcht aus seiner Urne tränkte?
War es ein schwerer Traum, der herb und fürchterlich
In einem zaubrischen Minturnä dich versenkte?
Ich wollte, es enthaucht’ den Duft gesunder Kraft
Dein Busen, der stets neu Gedanken formt und schafft,
Es floss dein christlich Blut in Rhythmen auf und nieder.
Wie mannigfaltiges Getön antiker Lieder,
Da, wo mit Phöbus, dem die Sangkunst Untertan,
Vereint, der Ernte Herr regiert, der große Pan.
In alten Klöstern sah auf den gewaltgen Mauern
Die Wahrheit man gemalt in heilgem Strahlenkleid,
Das Herz erwärmte sie den büßenden Beschauern
Und milderte den Frost der strengen Frömmigkeit.
Als damals Christi Saat gesproßt aus Segensschauern,
Nahm mancher Mönch, des Ruhm verlöscht ist durch die Zeit,
Zu seiner Werkstatt sich des Grabfelds ernstes Trauern
Und feierte den Tod mit schlichter Einfachheit.
Mein Herz ist eine Gruft. Ein schlechter Mönch durcheile
Seit Ewigkeiten ich den Raum, wo trüb ich weile,
Kein Bild verschönt mir des verhaßten Klosters Wand.
O tatenloser Mönch! Wann wird es mir gelingen,
Dem schmerzensreichen Spiel des Lebens abzuringen
Der Augen Labsal und die Arbeit meiner Hand!
All meine Jugend war ein Sturm von Wetterschlägen
Nur hier und dort durchflammt von hellem Sonnenlicht;
So viel vernichteten der Donner und der Regen,
Daß wenig Früchte man in meinem Garten bricht.
Nun, da der Herbst mir schon berührt der Seele Schauen,
Da Hark und Schaufel ich zu schwerer Arbeit hub,
Muß überschwemmt Gefild ich mühsam neu bebauen,
Wo Löcher grabestief der Sturz des Wassers grub.
Und wer mag sagen, ob den Blumen, die ich träume,
In diesem Boden, der zerspült wie wüste Räume,
Geheimer Saft auch wird, der ihre Kräfte nährt?
O Schmerz! O Schmerz! Die Zeit verschlingt all unser Leben,
Dem dunklen Feinde, der uns stumm am Herzen zehrt,
Muß unser eignes Blut stets neue Stärke geben!
Wer solche Last zu heben sinnt,
Braucht, Sisyphus, deine Stärke
Und hat er Herz auch zum Werke —
Die Kunst ist lang, die Zeit entrinnt.
Fern von prangenden Sarkophagen
Zieht zu einsamem Gräberreich
Mein Herz, verhülltem Trommler gleich,
Den letzten Grabmarsch zu schlagen.
Manch Kleinod schläft im Grund versteckt,
Wo niemals es ein Karst entdeckt,
Wo Nacht und Vergessen sich breiten;
Manch eine Blume füllt die Luft
Umsonst mit süßgeheimem Duft
In der Tiefe der Einsamkeiten.
Ich wohnte lange Zeit in weiten Säulengängen,
Um die vielfältger Glanz von Meeressonnen weht.
Mit hohen Pfeilern, stolz und voll von Majestät,
Sahn sie am Abend gleich basaltnen Grottenhängen.
Die Woge, drin das Bild der Himmel kommt und geht,
Verwob geheimnisreich in feierlichen Sängen
Den mächtigen Akkord von ihren reinen Klängen
In Abendgluten, die mein spiegelnd Aug erspäht.
Dort habe ich gelebt in stiller Wollust Lächeln,
In Wellen, in Azur, in flüssgen Glanz versenkt,
Mit nackten Sklaven, die von Wohlgeruch getränkt.
Die Stirne mir gekühlt mit ihrer Palmen Fächeln,
Und deren einzig Tun sie nur vertiefen hieß
Mein weh Geheimnis, das mein Herz verschmachten ließ.
Auf immer, freier Mensch, wirst lieben du das Meer,
Dein Spiegel ist das Meer. Du schaust der Seele Bildnis
Im weiten Wellenspiel der ungeheuren Wildnis,
Gleich ihm ist deine Brust von Bitternissen schwer.
Gern schaust dein Bild du, das die Wellen dir enthüllen,
Mit Auge und mit Arm faßt du es, und dein Herz
Vergißt wie trunken oft den eignen lauten Schmerz
Bei dieses Klagesangs unzähmbar wildem Brüllen.
Schweigsam und dunkel seid ihr beide allezeit:
Mensch, noch drang keiner je in deine tiefsten Gründe,
Meer, noch fand keiner je den Reichtum deiner Schlünde,
So bergt ihr euren Hort in finstrer Heimlichkeit.
Jahrtausende hindurch rollt euer nimmermüder
Und mitleidsloser Kampf bar jeder Reue fort.
So sehr liebt beide ihr die Schlachten und den Mord,
O ewges Kämpferpaar, o nie versöhnte Brüder!
Als Don Juan genaht den unterirdschen Fluten,
Und als er den Obol an Charon gab, ergriff
Stolz wie Anthistenes, im Auge finstre Gluten,
Ein Bettler starken Arms die Ruder in dem Schiff.
In Fetzen das Gewand, die schlaffen Brüste hängend,
Wand sich der Frauen Schar in schwarzer Himmel Pein,
Schlachtopfern gleich, gequält, zuhauf sich angstvoll drängend,
Und wild umheulte ihn ihr langgezognes Schrein.
Voll Spott rief Sganarelle nach dem verheißnen Lohne,
Don Luis wies im Kreis der Toten längs dem Strand
Mit greiser Zitterhand nach dem verruchten Sohne,
Der sein ergrautes Haar zu höhnen sich verwand.
Keusch bebt’ in tiefem Gram die magere Elvire
Und schien vom treulosen Gemahl, den sie geliebt,
Ein Lächeln zu erflehn, süß wie die ersten Schwüre,
Die bang in zarter Glut die junge Liebe gibt.
Ein großer Mann von Stein, sein voll Gewaffen zeigend,
Stand an dem Steuer, das die schwarze Flut durchquert’;
Jedoch der stille Held, auf sein Rapier sich neigend,
Sah in den Strom und hielt nichts seines Blickes wert.
Schön bin ich, Sterbliche, gleich einem Traum von Steine,
Und meine Brust, die nichts als Wunden euch gebracht,
Erfüllt des Dichters Sinn mit einer Liebe Macht,
Die stumm ist wie der Stoff und strahlt in starrer Reine.
Gleich einer Sphinx thron ich in blauer Lüfte Wehn,
Schnee ist mein Herz, mein Leib weiß wie des Schwans Gefieder,
Bewegung bleibe fern dem stillen Ruhn der Glieder:
Nie wirst du weinen mich und niemals lachen sehn.
Wißt, daß die Dichter vor den mächtigen Gebärden,
Die ich den Statuen leihe, stolz und schicksalsschwer,
Mich zu betrachten Herz und Sinn verzehren werden;
Mein sind, stets zu erhöhn der Liebenden Begehr,
Zwei Spiegel, drin verschönt sich alle Dinge malen:
Die Augen, groß und weit, die ewge Klarheit strahlen.
Nie wird die Zierlichkeit der Schönen aus Vignetten,
Verdorbne Kinder, die ein krank Jahrhundert trug,
Die Füße, die verschnürt, die Hand mit Kastagnetten
Befriedigen ein Herz wie meins mit ihrem Lug.
Gavarni, der Poet der Blässe, feire seine
Gezierten, flüsternden Geschöpfe vom Spital,
Doch ist in dieser Schar von bleichen Rosen keine,
Die je erreichen mag mein rotes Ideal.
Was meinem Herzen ich, dem abgrundtiefen, wähle,
Bist Lady Macbeth du, im Mord gewaltge Seele,
Ein Traum des Aeschylos, entsprossen frostgem Grund;
Du, Michelangelos erhabne Nacht, die schweigend
Seltsam gewendet liegt, in herber Ruhe zeigend
Die Reize, die geformt für der Titanen Mund.
Zur Zeit, als die Natur, von wilder Kraft durchdrungen,
Gewaltge Kinder trug, hätt ich nach meinem Sinn
Bei einer Riesin gern gelebt, bei einer jungen,
Wie eine Katze streicht um eine Königin.
Wie Leib und Seele ihr bei grimmem Spiel erblühten
Und wuchsen, hätt ich gern erschaut von Anbeginn,
Erspäht, wie in der Brust ihr finstre Flammen glühten
Und Nebel traumhaft zog durch ihre Augen hin.
Mit Muße hätte ich erforscht die prächtgen Glieder,
Gestiegen wäre ich die stolzen Kniee nieder,
Und oft im Sommer, wann der Sonnen kranker Strahl
Sie müde hingestreckt quer durch die weiten Wiesen,
Hätt ich geschlummert in der Brüste Schattental,
Gleich wie ein friedlich Dorf am Fuß von Bergesriesen.
Enthaucht im Herbsttag mir, der müd sein Aug’ geschlossen,
Dein Busen warmen Duft, so fühl ich mich entrafft
Zu seligem Gestad, beglückt und märchenhaft,
Von ewgem Sonnenglanz einförmig übergossen.
Ein träges Eiland, wo, dem üppgen Grund entsprossen,
Manch seltner Baum erblüht und Früchte, reich an Saft,
Und Männer, deren Wuchs schlank und voll sehnger Kraft,
Und Frauen, deren Blick von stolzem Glanz umflossen.
Geführt durch deinen Hauch zu schönrer Himmel Glut,
Schau einen Hafen ich, wo Mast und Segel ruht,
Noch müde vom Gewog der Meereswelle bebend.
Indes der Duft, der von den Tamarinden schwelt
Und in die Nüster dringt, die Lüfte rings belebend,
In meiner Brust sich mit der Schiffer Sang vermählt.
Ich bete dich an wie des Nachthimmels Schauer,
O große Stumme, o Urne der Trauer!
Und lieb nur heißer dich, weil, Schöne, du mich fliehst,
Und weil, Stern meiner Nacht, voll Hohn du niedersiehst
Und spöttisch lächelnd scheinst die große Kluft zu weiten,
Die mich getrennt hält von den blauen Ewigkeiten.
Ich stürme zum Angriff, ich klettre hinauf,
Wie zu Leichen sich hindrängt der Würmer Hauf,
Und lieb dich, grausam Tier, ob auch dein Stolz mich höhne,
Im kalten Glanz, durch den nur größer deine Schöne.
In ihrer Kleider Flut, perlmutterfarb und weich,
Scheint es, daß selbst das Gehn zum Tanze sie gestaltet,
Den langen Schlangen der geweihten Gaukler gleich
Sich ringelnd um den Stab, der ihrer Künste waltet.
Dem öden Sand gleich und des Wüstenhimmels Glut,
Für jedes Mitgefühl des Menschenleids erkaltet;
Schau, wie gleich dem Gewog der schaumgekrönten Flut
In träger Ruhe sie gleichgültig sich entfaltet!
Der Augen Schimmer ist von kaltem Mineral.
In diesem seltsamen Geschöpfe will uns scheinen,
Daß reiner Engel und antike Sphinx sich einen.
Von ihr, die nichts als Gold, Licht, Diamant und Stahl,
Glänzt, unnütz wie ein Stern im fernen Ätherblauen,
Die kalte Majestät der unfruchtbaren Frauen.
Weißt du, mein Herz, noch, was im lichten Morgenscheine
Wir jenen Sommertag entdeckt:
Ein schändlich Aas, nicht weit vom schmalen Wegesraine.
Auf Kieselsteinen hingestreckt.
Die Beine in der Luft, wie liederliche Frauen,
Vom Strome glühnder Gifte voll,
Ließ es voll Lässigkeit und ohne Scham uns schauen
Den Leib, dem grauser Stank entquoll.
Die Sonne strahlte auf die ekle Fäulnis nieder,
Die ihre Glut zu kochen schien,
Als gäbe hundertfach sie der Natur das wieder,
Dem einst sie eine Form verliehn.
Der Himmel schaute nach dem wundersamen Aase,
Wie es sich blütengleich erschloß,
So fürchterlich war der Geruch, daß auf dem Grase
Fast eine Ohnmacht dich umfloß.
Die Fliegen summten um die modernden Atome,
Indes gedrängt und schauerlich
Der Larven ekle Schar, in schwerem, schwarzem Strome
Durch die lebendgen Fetzen schlich.
Das alles senkte sich und knisterte verquellend
Und stieg, wie sich die Woge hebt,
Man meinte beinah, daß von fremdem Hauche schwellend
Der Leib vervielfacht aufgelebt.
Und dieser Welt entrann ein Tönen, seltsam klingend,
Wie Wind und Wasser es erregt,
Gleichwie von Körnern, die der Landmann rhythmisch schwingend
Im Siebe schüttelt und bewegt.
Die Form verwischte sich zu einem Traum, der fahler
Als eine flüchtge Skizze war,
Die auf vergeßnem Blatt ergänzt wird, die dem Maler
Aus der Erinnrung sich gebar.
Und eine Hündin sah aus felsigem Geklippe
Unruhig, mit erzürntem Blick,
Nur die Gelegenheit erspähend, vom Gerippe
Zu reißen sich ein neues Stück.
Und dennoch wirst du gleich der eklen Fäulnis werden,
Ganz so zerstört und grauenhaft,
Du meiner Augen Stern, du Sonne mir auf Erden,
Mein Engel, meine Leidenschaft!
So wirst du aussehn, wann, o Kön’gin holder Güte,
Du nach der letzten Ölung gehst
Dorthin, wo unter üppgem Kraut und reicher Blüte
Bei den Gerippen du verwest.
Dann, meine Schöne, sprich zum Wurm, der dich erlesen
Und dem dein Leib zum Küssen lieb,
Daß prangende Gestalt und unvergänglich Wesen
Mir von entstellter Liebe blieb!
Du, die ich liebe, hör mich um dein Mitleid flehen,
Vom Grund der finstren Schlucht, in die mein Herz versank.
Voll Gram ist diese Welt, ihr Himmel bleich und krank,
Drin Schreck und Lästerung durch böses Dunkel wehen.
Ein kalter Sonnenball kreist dort sechs Monde lang,
Und die sechs andern deckt uns Nacht mit schwarzem Schilde.
Das Land ist nackter als des Nordpols Eisgefilde,
Nicht Bäche, Herden nicht, nicht Wald noch Wiesenhang.
Kein Grauen gibt es auf der Welt, das an die bleiche,
Erstarrte Grausamkeit der eisgen Sonne reiche,
Und an dies Dunkel, wie das Chaos uferlos.
Mich füllt mit heißem Neid der ärmsten Tiere Los,
Weil sie im stumpfen Schlaf vergessen Schmerz und Plage;
So langsam dreht sich ab die Spindel meiner Tage.
Wann, dunkle Schöne, einst du in der Gruft wirst rasten,
Auf der getürmt und kalt ein schwarzer Marmor liegt,
Und wann du statt im Pfühl, in den du weich geschmiegt,
In feuchter Höhle ruhst, im Grabe, im verhaßten,
Und wann die Blöcke schwer auf banger Brust dir lasten
Und auf den Hüften dir, die lasse Anmut biegt,
Wann länger nicht dein Herz verlangend pocht und fliegt,
Die Füße länger nicht nach Abenteuern hasten —
Dann wird das Grab, dem ich der Träume Last vertraut,
– Mich deucht, daß nur das Grab des Dichters Sehnsucht ahne —
Die langen Nächte, da kein Schlummer niedertaut,
Dir raunen: Was nun hilfts, gleichgültge Courtisane,
Daß du, was Tote noch beweinen, nicht gewußt?
Und grimm wie Reue nagt der Wurm dir deine Brust.
Komm, schöne Katze, und schmiege dich
An mein Herz, halt zurück deine Kralle.
Laß den Blick in dein Auge tauchen mich,
In dein Aug’ von Achat und Metalle.
So oft dich mein Finger gemächlich streift,
Deinen Kopf und Rücken zu schmeicheln,
Und träumende Lust meine Hand ergreift,
Die magnetischen Glieder zu streicheln,
Schau ich im Geist meine Frau. Der Strahl
Ihres Blicks, mein Tier, gleicht dem deinen,
Ist tief und kalt wie ein schneidender Stahl.
In schmiegsamem Spiel haucht den feinen,
Gefährlichen Duft, wie Schmeichelgruß,
Ihr brauner Leib von Kopf zu Fuß.
Zwei Krieger stürzen aufeinander; ihre Klingen
Durchstieben rings die Luft mit Funken und mit Blut.
Dies Spiel, dies Klirren ist das lärmerfüllte Ringen
Der Jugend, die verzehrt von wilder Liebesglut.
Gleich unsrer Jugend bricht das Eisen vor den Schlägen,
Geliebte! Doch der Zahn, der Nagel, der sich wehrt,
Rächt den Verrat des Dolchs und den zerbrochnen Degen.
O Wut der reifen Brust, in der die Liebe schwärt.
In einen Abgrund, wo die Panther spukhaft schleichen,
Rolln unsre Kämpfenden, in tückschem Sturz gefallt.
Wie Blüten hängt ihr Fleisch an dürren Dorngesträuchen.
Die Höll ist dieser Schlund, die unsre Freunde hält.
Laß, ehrne Kämpferin, uns reulos niedergleiten,
Daß unser Haß erglüht durch alle Ewigkeiten!
Quell der Erinnerung, du Liebste aller Lieben,
O du, all meine Lust, o du, all meine Pflicht!
Ist dir Gedenken an der Küsse Glück geblieben.
An Wärme des Kamins, an gütig Abendlicht?
Quell der Erinnerung, du Liebste aller Lieben!
Die Abende erhellt von sanfter Kohlenglut,
Die Dämmrung vom Balkon in rosger Lüfte Wehen —
Wie war dein Busen süß, wie war dein Herz mir gut!
Wir sagten Dinge uns, die nimmermehr vergehen,
Die Abende erhellt von sanfter Kohlenglut.
Wie sind die Sonnen schön im warmen Abendblauen,
Wie mächtig ist das Herz, wie weit und tief die Luft!
Ich neigte mich zu dir, o Königin der Frauen,
Mir war, als atmete ich deines Blutes Duft.
Wie sind die Sonnen schön im warmen Abendblauen!
Die Nacht war um uns her, wie stiller Zelle Raum,
Durchs Dunkel riet mein Blick noch deiner Augen Süße,
Und deinen Hauch trank ich – o Gift, o selger Traum!
In brüderlicher Hand entschliefen deine Füße.
Die Nacht war um uns her, wie stiller Zelle Raum.
Neu wecken kann ich mir der holden Zeit Gebilde,
Mein einstig Leben, das in deinem Schoß versenkt.
Wo sucht’ ich anders wohl solch müder Schönheit Milde,
Die nicht dein lieber Leib, dein gütig Herz geschenkt?
Neu wecken kann ich mir der holden Zeit Gebilde!
Die Schwüre, dieser Duft, die Küsse ohne Zahl,
Erstehn aus Schlünden sie, die unsrem Suchen wehren.
Wie Sonnen aufwärts fliehn mit siegverjüngtem Strahl,
Wann sich ihr Schimmer wusch im Grund von tiefen Meeren?
O Schwüre, Düfte ihr! O Küsse ohne Zahl!
Die Sonne überzog ein Schleier. Wie ihr Strahl,
O meines Lebens Mond, hüll dich in warme Schatten;
Umwölk dich oder schlaf! Sei stumm, und im Ermatten
Vergeh und sinke in der Leere nächtig Tal!
So lieb ich dich! Doch wenn du heut mit einem Mal,
Wie Sterne neu erglühn, die sich verdunkelt hatten,’
Der Tollheit deinen Glanz zu schauen willst gestatten,
So ist es gut! Entfahr der Scheide, scharfer Stahl!
Entzünde deinen Blick an tausend Kerzenlichtern,
Entzünde die Begier in fühllosen Gesichtern!
Nur Lust kommt mir von dir, Kraft oder Müdigkeit;
Sei alles, was du willst, schwarz Dunkel, rote Frühe,
Kein Nerv ist mir im Leib, der nicht erbebt und schreit:
Mein Fürst Beelzebub! Du bists, für den ich glühe!
In Asche lassen Tod und Krankheit sinken
Die stolze Glut, die einst uns licht umfing.
Von dieser großen Augen süßem Blinken,
Von diesem Mund, daran mein Herz verging,
Von diesen Küssen, hold wie Balsamschauer,
Von dieser Flamme, stark wie Strahl des Lichts,
Was ist geblieben? Sag, mein Herz! – o Trauer!
Ein blasser Schattenriß und weiter nichts.
Wer stirbt wie ich, getrennt von allen Dingen,
Und wen die Zeit, zerstörend und ergreist,
An jedem Tage schlägt mit rauhen Schwingen …
Du, die uns Kunst und Leben niederreißt,
Du wirst sie nie mir töten im Gedächtnis,
Sie, meine Lust und meines Ruhms Vermächtnis!
Der fernsten Zeiten sich mein Name einst gefunden
Und Menschen träumen macht in abendlichen Stunden,
Ein Schiff, vom großen Wehn des Nords dahingesandt,
Dein Angedenken gleich verblichnen Fabelkunden,
Wie einer Trommel Klang, den müden Leser bannt,
Durch ein geheimnisvoll und brüderliches Band
An meinen stolzen Reim auf immerdar gebunden;
Verworfner Geist, zu dem vom höchsten Lichtrevier
Bis in die tiefste Nacht nichts redet außer mir!
O du, der schattengleich, mit Spuren, die verfließen,
Leichtfüßig niedertrittst, im Blicke hellen Schein,
Die stumpfen Menschen, die im Groll dich bitter hießen,
Geschöpf mit ehrner Stirn und Augen von Gestein!
Wer hat dir, fragtest du, dies fremde Weh gegeben,
Dem Meere gleich, das sich an schwarzen Klippen bricht?
– Hat unser Herz einmal geerntet, ist das Leben
Nur noch ein Leiden! Fremd ist dies Geheimnis nicht,
Es ist ein schlichter Schmerz, der nicht in Nacht verhüllt ist
Und deiner Freude gleich sich ruhig zeigen will.
Drum frag nicht, Schöne, die von Neugier ganz erfüllt ist!
Sei deiner Stimme Klang auch lieblich, schweige still!
Schweig still, Unwissende, die nichts als Freude findet,
Du kindlich froher Mund! Mehr als das Leben bindet
Mit feinen Fäden uns gar oft des Todes Graun.
Die Lüge laß ins Herz mir Trunkenheit enthauchen,
Laß in dein Aug mich wie in schöne Träume tauchen,
Und schlummern lange Zeit im Schatten deiner Brau’n!
Welch Lied wird, einsam Herz, heut abend dir enttönen?
Was wirst du sagen, mein verdorrt und arm Gemüt,
Zu ihr, der Guten, Teuren, Strahlend-Schönen,
Vor deren heitrem Blick die Seele neu erblüht?
All unser Stolz soll sein, ihr hohes Lob zu singen,
Nichts gleicht an Güte ihr und anmutvoller Macht,
Und ihr durchgeistet Fleisch haucht Duft wie Engelsschwingen,
Ihr Auge webt um uns ein Kleid von Licht und Pracht.
Sei’s in der Einsamkeit, wo nächtig Dunkel lastet,
Sei’s in der Straße, wo die Menge ruhlos hastet,
Ihr Bild tanzt in der Luft, wie glüher Fackel Schein.
Oft spricht es: Ich bin schön, euch soll der Liebe Sonne
Durchglühn, daß ihr um mich die Schönheit liebt allein;
Schutzengel bin ich euch und Muse und Madonne!
Wann an des Wüstlings Pfühl vereint mit bittrem Wehe
Der rosig-weiße Schein der Frühe neu erwacht,
So ists, als ob, geweckt durch rächerische Macht,
Ein Engel wundersam im satten Tier erstehe.
Geahnter Himmel Zelt in fernentrücktem Blau
Vertieft sich und verlockt wie eines Abgrunds Schatten
Den Menschen, der noch träumt in leidendem Ermatten.
So, göttlich Wesen, du, lichthelle, zarte Frau,
Schwebt auf der dumpfen Lust zerfallnen grauen Trümmern
Vor meinen Blicken, die sich weiten, immerdar
Dein hold Gedenken, rosig, mild und klar.
Der Sonne Feuer schwärzt der Kerzen nächtig Flimmern;
So, lichte Seele, ist, verklärt und strahlenreich,
Dein sieggewohntes Bild der ewgen Sonne gleich.
Nun naht die Zeit, da mit der Stengel leisem Schwingen
Der Blume Weihrauch steigt, wie Duft des Opferbrands.
Getön und Düfte drehn in abendlichem Tanz,
Sehnsüchtger Schwindelflug und schwermutvolles Klingen.
Der Blume Weihrauch steigt wie Duft des Opferbrands;
Wie ein betrübtes Herz erbebt der Geigen Singen;
Sehnsüchtger Schwindelflug und schwermutvolles Klingen!
Gleich einer Ruhstatt ist der Himmel müder Glanz.
Wie ein betrübtes Herz erbebt der Geigen Singen,
Ein zärtlich Herz, das Feind des dunklen Totenlands!
Gleich einer Ruhstatt ist der Himmel müder Glanz;
Ein starrend Blutmeer scheint die Sonne zu verschlingen …
Ein zärtlich Herz, das Feind des dunklen Totenlands,
Wahrt jede Lichtspur sich aus Stunden, die vergingen!
Ein starrend Blutmeer scheint die Sonne zu verschlingen …
Dein Angedenken strahlt in mir wie die Monstranz!
Der Wein läßt aus dem Schmutz der ärmsten Hütte blühen
Ein Schloß, das herrlich blinkt,
Und manch Portal erstehn, das feenhaft uns winkt
In seiner Dünste goldnem Glühen,
Wie eine Sonne, die in Nebelhimmeln sinkt.
Das Opium vermehrt, was ohne alle Schranken,
Dehnt die Unendlichkeit,
Höhlt der Genüsse Rausch, vertieft den Strom der Zeit,
Mit finstrer Lust und Nachtgedanken
Füllt und erschöpft es schier der Seele Faßbarkeit.
Das alles kommt nicht gleich dem Gift, dem wunderbaren,
In deiner Augen grünem Schein,
Den Seen, drin spiegelnd mir sich zeigt mein ganzes Sein …
Die Träume nahen sich in Scharen,
Und dieser bittre Quell stillt ihres Durstes Pein.
Das alles kann nicht an der Lippen Feuchte reichen,
Die mich mit Wermut speist,
Die in Vergessen senkt den reuelosen Geist
Und schwindelnd im Erbleichen
Zum Schattenstrand des Tods die Seele niederreißt.
Durch Schleier scheint dein Auge zu glühn,
Das geheimnisreich – ist es blau oder grün? —
Im Wechsel träumerisch, grausam und weich,
Den Äther spiegelt, so müde und bleich.
Du bist wie ein warmer, weißschleiernder Tag,
Da die Seele in Tränen sich lösen mag,
Wann, erwacht in der Qual, die ihr Tiefstes zerreißt,
Die Nerven verspotten den schlummernden Geist.
Du gleichst einem lieblichen Horizont,
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