Gegen Mitte Juni des Jahres 1559, an einem herrlichen Sommermorgen, drängte sich eine Volksmenge, die man etwa auf dreißig bis vierzigtausend Personen schätzen konnte, auf dem Sankt-Genovefaplatz zusammen.
Ein Mensch, der ganz frisch aus seiner Provinz gekommen und auf einmal mitten in die Straße St. Jacques gerathen wäre, wo er diese Menge hätte sehen können, würde sich gewiß gewaltig den Kopf darüber zerbrochen haben, was diese zahlreiche Versammlung auf diesem Punkt der Hauptstadt bedeuten solle.
Das Wetter war herrlich: man wollte also nicht wie im Jahr 1551 das Reliquienkästchen der heiligen Genovefa hervorholen, um das Aufhören des Regens zu erlangen.
Es hatte zwei Tage vorher geregnet: man führte also nicht das besagte Reliquienkästchen der heiligen Genovefa in Prozession herum, um wie im Jahr 1556 Regen zu erflehen.
Man hatte keine unglückliche Schlacht nach Art der von St. Quentin zu beklagen: man zog also nicht wie im Jahr,1557 mit dem Reliquienkästchen der heiligen Genovefa umher, um den Schutz Gottes zu erlangen.
Nichtsdestoweniger war es augenscheinlich, daß diese ungeheure Volksmasse, die sich auf dem Platz der alten Abtei versammelt hatte, irgend eine große Feier begehen wollte. Aber welche Feier?
Sie war nicht Religiös denn, obschon man da und dort unter der Menge einige Mönchskutten bemerkte, so waren diese verehrungswürdigen Gewande doch nicht in genügender Anzahl vorhanden, um dem Fest einen religiösen Charakter zu geben.
Sie war nicht militärisch, denn der Kriegerstand war nur schwach vertreten, und die anwesenden Mitglieder desselben hatten weder Partisanen noch Musketen.
Sie war nicht aristokratisch, denn man sah über den Köpfen nicht die wappengeschmückten Fahnen der Edelleute, noch die Federbüsche auf den Castetten der vornehmen Herren flattern.
Was in dieser tausendfarbigen Menge, wo Edelleute, Mönche, Diebe, Bürgersfrauen, Freudenmädchen, Greise, Hanswurste, Zauberer, Zigeuner, Handwerker, Bettelreimer, Verkäufer von Kräuterbier, die Einen zu Pferd, die Andern zu Maulesel, Diese zu Esel, Jene in Kutschen – man hatte just in diesem Jahr die Kutschen erfunden – sich unter einander drängten, und deren Mehrzahl gleichwohl hin und herging, sich herumstieß, herumwimmelte und sich abmühte, um in den Mittelpunkt des Platzes zu gelangen; was, sagen wir, in dieser Menge vorherrschte, das waren die Studenten: Studenten der vier Nationen, Schotten, Engländer, Franzosen, Italiener.